19. März 2024

Das Verschwinden der Wintertochter von Michael J. Sullivan

Michael J. Sullivan: Das Verschwinden der Wintertochter, Broschierte Ausgabe, Hobbit Presse/Klett-Cotta, 2022.

Als Gabriel Winters Tochter Genevieve kurz nach ihrer Hochzeit mit einem Grafen auf mysteriöse Weise verschwindet und für tot gehalten wird, sinnt der reiche Whiskey-Baron auf Rache. Da er während des berüchtigten Jahres der Angst in Colnora gelebt hat, heuert er den einzigen Mann an, von dem er weiß, dass er sie entweder finden, oder blutige Vergeltung üben kann – Royce Melborn. Royce und Hadrian, der zynische Ex-Assassine und der idealistische Ex-Söldner, reisen daraufhin in die geheimnisvolle Stadt Rochelle. Diese ist voller Adliger, die angeblich von der kaiserlichen Aristokratie abstammen, aber offenbar jeder hat etwas zu verbergen. Ist die junge Gräfin noch zu retten?

Titel: Das Verschwinden der Wintertochter (The Disappearance of Winter’s Daughter) Autor: Michael J. Sullivan Verlag: Hobbit Presse/Klett-Cotta Seitenzahl: 464 Genre: Fantasy Alter: 14+ Erste Aufl.: 19. März 2022 (02. Oktober 2018) Reihe: Riyria-Chroniken, #4 Ausgaben: Broschiert, E-Book ISBN: 978-3608982169 (Broschiert) Sonstiges: Karte Vorgängerband: Der Anschlag auf Dulgath Folgeband: Drumindor (in Planung)

Über den Autor von Das Verschwinden der Wintertochter

Michael J. Sullivan wurde am 17. September 1961 in Detroit (Michigan, USA) geboren und gilt als erfolgreichster selbstverlegender Fantasy- und Science-Fiction-Autor. In Deutschland wurde er vor allem mit seiner Riyria-Reihe bekannt, die ab 2014 von Hobbit Presse/Klett-Cotta veröffentlicht wurde. Sein erstes Buch heißt Der Thron von Melengar.

Michael J. Sullivan

Mit den später erschienenen Riyria-Chroniken erzählt Sullivan die Vorgeschichte seiner Riyria-Reihe. Im Schatten des Kronturms (The Crown Tower) ist das erste Buch der „Chroniken“ und der Beginn der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Hadrian und Royce. Das Verschwinden der Wintertochter ist der vierte und vorerst letzte Teil dieser Reihe. Eine Fortsetzung der Reihe ist angedacht.

Michael J. Sullivan arbeitet als Vollzeitautor, was ihm unglaublich Freude bereitet. Er lebt mit seiner Frau und den drei erwachsenen Kindern in Fairfax in der Nähe von Washington, D. C.

Meine Meinung zu Das Verschwinden der Wintertochter

Nach dem eher schwächeren Vorgängerband der Reihe (Der Anschlag auf Dulgath) hat Michael J. Sullivan in diesem vierten Teil der Reihe wieder zu seiner alten Form zurückgefunden. Der Autor packt in die 460 Seiten eine wirklich spannende und abwechslungsreiche Story mit einigen überraschenden Wendungen. Hier meine Eindrücke im Detail.

Überzeugende Weiterentwicklung der Charaktere

Die Riyria-Chroniken erzählen von der Gründung des Diebesduos Riyria, bestehend aus Hadrian Blackwater und Royce Melborn. Waren die beiden im ersten Band (Im Schatten des Kronturms) eher noch eine Zweckgemeinschaft, so haben sie mit der Zeit und trotz aller widrigen Ansichten und Moralvorstellungen inzwischen doch zueinander gefunden. Im vierten der Reihe, Das Verschwinden der Wintertochter, legt Michael J. Sullivan nochmals einen besonderen Fokus auf die Beziehung der beiden, was ich super fand.

Royce‘ eher düstere und zweckmäßige Einstellung zum Leben und zur Gesellschaft trifft auf Hadrians lebensbejahende und zuversichtliche Art, die Dinge anzugehen – und Royce beginnt zu hinterfragen. Er ermöglicht den Lesern einen tieferen Einblick in seine Gefühlswelt und er hadert mit seinen eigenen, langjährig gepflegten Überzeugungen. Ist an Hadrians positiver Einstellung zum Leben vielleicht tatsächlich etwas dran, was das Leben lebenswerter macht? Gibt es sowas wie Glück? Gibt es fremde Menschen, denen man Vertrauen entgegenbringen kann, ohne ihnen zunächst aus Selbstschutz mit Misstrauen begegnen zu müssen? Royce ist als Dieb auf der Straße aufgewachsen und hat lange Zeit auch als Auftragsmörder für die Diebeszunft Der Schwarze Diamant gearbeitet. Dass seine Moralvorstellungen in dermaßen prägen, ist nachvollziehbar. Hadrian schafft es nun, dass Royce andere Optionen zumindest in Erwägung zieht, was die Lektüre ungemein bereichert.

Hadrian kennt man als strahlenden Held und Kämpfer für das Gute. Er ist der Gegenpol zu Royce, doch er war nicht immer so. Als Leser bekommt man in diesem Buch einige spannende Einblicke in die eher dunkle Seite seiner bis dato wenig bekannten Vergangenheit. Selbst Royce ist davon überrascht, was in letztendlich dazu veranlasst, über die Gründe für Hadrians Sinneswandel nachzudenken. Mir hat das richtig gut gefallen, weil es die Beziehung der beiden Charaktere ungemein voranbringt. Sullivan beschreibt das alles zudem mit einer guten Portion tiefgründigen Humors. Immer wieder musste ich beim Lesen in mich hineinlachen, insbesondere wenn Hadrian und Royce über den Sinn des Lebens diskutieren und Hadrian seinen Partner auch immer wieder damit aufzieht. Lesenswert!

Die Handlung ist vielschichtiger als beim Vorgängerband

Sullivan führt in diesem Buch einige neue Personen ein, welche für das Buch eine echte Bereicherung sind. Da ist zum einen Genevieve (Genny) Winter, die Tochter des reichen Whiskeyhändlers Gabriel Winter. Sie ist eine bemerkenswerte Frau. Sullivan beschreibt sie als lebensfroh, resolut und voller Willensstärke, aber dennoch als feinfühlig und emotional. Sie ist kein weinerliches Opfer, sondern stellt sich selbstbewusst ihrem Schicksal.

The Disappearance of Winter's Daughter

Dann gibt es da noch Evelyn Hemsworth, eine resolute Vermieterin. Sie schafft es, dass selbst Royce wieder zum kleinen Jungen wird und artig das tut, was man ihm sagt (was sonst so gar nicht sein Ding ist). Die Textpassagen mit Evelyn sind grandios und immer wieder einen Lacher wert. Obwohl Evelyn nur eine Nebenrolle einnimmt, ist sie eine echte Bereicherung für die Handlung. Villar, der Zwerg Griswold und Mercator (eine Mir) sind die Gegenspieler im Buch, wobei sich die Geschichte mit der Zeit in eine gänzlich andere Richtung wendet, als man anfangs als Leser vermuten würde.

Sehr gut hat mir gefallen, wie vielschichtig Michael J. Sullivan die Handlung aufgebaut hat. Es steckt mehr hinter dem Verschwinden von Gabriel Winters Tochter, als man erwartet – wesentlich mehr. Die Suche wird mit jedem Kapitel immer mehr zu einem Krimi, wobei die Perspektive immer wieder wechselt. Von Hadrian und Royce zu Genny zu den Entführern und zurück. Politische Intrigen spielen eine große Rolle und natürlich mischen auch die machtbesessenen Bischöfe der Novron-Kirche wieder kräftig mit. Alte Magie kommt ins Spiel und auch an Morden wird nicht gespart. Hadrian und Royce werden mitten hineingezogen in die Ereignisse, versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und merken schnell, dass es um weitaus mehr geht, als um eine verschwundene Kaufmannstochter.

Der Schluss macht Lust auf einen Nachfolger

Wie es ganz zum Schluss ausgeht, das verrate ich natürlich hier nicht. Lediglich soviel: Er hat mir gefallen und die Handlung abgerundet. Es gibt keine großen Cliffhanger, wodurch man Das Verschwinden der Wintertochter problemlos auch als eigenständigen Roman lesen kann. Allerdings gibt es hin und wieder auch Bezüge zur Handlung der vorherigen Bände der Reihe, die man dann eben nicht versteht. Ich kann daher empfehlen, im Vorfeld auch die anderen Teile zu lesen. Wer die ganze Geschichte genießen will, fängt am besten mit Im Schatten des Kronturms an. Ob es einen Nachfolger geben wird, bleibt zu hoffen. Michael J. Sullivan hat schon vor längerer Zeit einen Band mit dem Arbeitstitel Drumindor angedacht. Bisher ist hier aber noch nichts geschehen.

Mein Fazit zu Das Verschwinden der Wintertochter

5 von 5 Sterne „Für mich schon jetzt ein Highlight des Jahres!“

Für mich zählt dieser Teil zu einem der besten dieser bisher vierbändigen Reihe. Dazu trägt zum einen die vielschichtige und schlüssige Handlung bei, zum anderen auch die gut ausgearbeiteten Charaktere. Nicht nur Hadrian und Royce laufen in dem Buch zur Höchstform auf, auch die Nebencharaktere bereichern die Geschichte. Sullivan schreibt ohne Längen und mit einer guten Portion tiefgründigem Humor. Das begeistert mich an seinen Büchern immer wieder und ich bin mal wieder voll auf meine Kosten gekommen. Daher freue ich mich schon jetzt auf den nächsten Roman aus seiner Feder. Hier also meine Leseempfehlung für alle Freunde guter Fantasy!

Habt Ihr die „Wintertochter“ schon gelesen (oder andere Bücher des Autors)? Was hat Euch gefallen? Schreibt mir gerne in die Kommentare. Ich freue mich über Euer Feedback.

Recht herzlich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle beim Verlag Hobbit Presse/Klett-Cotta für das freundlicherweise zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar!

Jay

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