Nina ist ein ganz normaler Teenie. Aber viele aus ihrem Umfeld lassen sie etwas anderes spüren. Denn Nina sitzt seit anderthalb Jahren nach einem Reitunfall im Rollstuhl. Eigentlich kommt sie mit der Situation ganz gut zurecht. Das, was nervt, sind die mitleidigen Blicke, die unüberwindbaren Hindernisse auf Straßen und in Gebäuden und die Überfürsorge ihrer Mutter. Zu allem Überfluss wird ihr dann auch noch an der neuen Schule von ihren Mitschülern Fabian und Max das Leben schwer gemacht. Doch nach einem sportlichen Kräftemessen kommt alles anders:
Fabian ist ohne seine Clique richtig nett zu Nina und er beginnt sogar, sie für das Skateboard-Fahren zu begeistern. Gemeinsam entdecken sie auf YouTube die Welt von WCMX: Skaten im Rollstuhl. Nina ist Feuer und Flamme! Heimlich übt sie mit Fabian für den nächsten Wettkampf. Der Kick ist super, die Anerkennung durch die anderen Skater großartig – bis Nina ihren Rollstuhl schrottreif fährt … (Quelle: Thalia)
Titel: Ungebremst Autorin: Ruth Anne Byrne Verlag: Tulipan Seitenzahl: 180 Genre: Kinder-/Jugendbuch Alter: 11+ Erste Auflage: 8. Februar 2022 Ausgaben: Hardcover, E-Book Sonstiges: —
Meine Meinung zu Ungebremst
Ungebremst von Ruth Anne Byrne gehört zu einem kleinen Stapel Kinder- und Jugendbücher, die ich während meines Aufenthalts in der Klinik Bogenhausen gelesen habe. Es war nicht das Schlechteste, ganz im Gegenteil. Es ist eines jener Bücher, die ich mir sehr gut als Schullektüre vorstellen kann. Nicht nur, weil es mit nur 180 Seiten recht überschaubar und mit wenig Zeitaufwand zu lesen ist, es ist auch inhaltlich stark.
Ich finde, viele Menschen sollten Ungebremst lesen, denn die Geschichte zeigt einige der Probleme auf, die Rollstuhlfahrer haben. Nicht nur müssen sie im Alltag so einige Hindernisse “umschiffen“, sie haben auch mit Vorurteilen zu kämpfen. Viele “Rollis“ möchten gerne so weiterleben, wie es ohne Rollstuhl war. Sie wollen oft kein Mitleid von den anderen Menschen, sondern Respekt und dass man sie völlig normal behandelt. Byrnes Buch arbeitet diese Probleme geschickt heraus und macht sie gerade für jüngere Leser sehr verständlich. Dabei hilft, dass Nina eine junge Protagonistin ist, die versucht sich mit ihrem Rollstuhl durch die Welt zu kämpfen. Sie will nicht, dass ihre Mutter sie wie ein kleines Kind behandelt, sie durch die Gegend schiebt und ihr beim Anziehen hilft.
Nina hat Freunde, die sie akzeptieren, wie sie ist. Aber sie hat zunächst auch Menschen um sich, die ihr (zunächst) nichts Gutes wollen und sie verspotten. Mir hat gefallen, dass sie es irgendwie schafft, die ganze Geschichte zum Guten zu wenden. Die Autorin schreibt sehr einfühlsam und emotional, dass es Freude macht zu lesen. Man kann sich in alle Personen hineinversetzen und ihre Beweggründe verstehen, ein bisschen sogar in die “bösen Buben“ am Anfang. Mir hat super gefallen, wie sich die Charaktere mit der Zeit weiterentwickeln und sich von verschiedenen Seiten zeigen.
Nina ist die Protagonistin, um die sich die ganze Geschichte dreht. Zu ihr hält eine Freundin aus der Schule und insbesondere auch Ninas älterer Bruder Daniel, der sie vor frechen Klassenkameraden beschützt. Der coole Fabian, Mädchenschwarm der Schule, und sein Freund Max lassen nichts aus, um Nina zu ärgern. Und auch Ninas Mutter und der Vater machen ihr das Leben schwer, weil sie Nina zu sehr behüten und beschützen wollen.
Nina hat mit vielen Problemen zu kämpfen, aber sie ist ein sehr starkes Mädchen. Die Geschichte entwickelt sich mit der Zeit in eine Richtung, die man anfangs nicht erwartet und das fand ich klasse. Irgendwie wird alles gut am Ende, fast so wie in einem dieser schnulzigen Heimatromane.
Ungebremst ist jedoch weit davon entfernt schnulzig zu sein. Eher ist das Buch herzerwärmend emotional. Ruth Anne Byrne schreibt mit einer Leichtigkeit und so lebendig, dass es junge Leserinnen und Leser anspricht. Die Geschichte ist spannend, weil man eben wissen will, was noch alles kommt. Sogar eine Romanze ist enthalten. Ungebremst ist eine Hommage an die Freundschaft und zeigt, was man mit großem Willen und gegenseitiger Unterstützung alles erreichen kann. Man findet keine Klischees, aber eben klischeehaftes Verhalten, das schnell revidiert wird. Nicht zuletzt ist es Ninas fester Wille, der sich letztendlich auszahlt.
Zentral ist im Buch auch WCMX (Wheelchair MotoCross). Ich hatte zwar schon im Vorfeld einmal davon gehört, gute Einblicke bekommt man jedoch durch dieses Buch. Dass sich Rollstuhlfahrer auf Skaterbahnen vergnügen und dabei waghalsige Stunts hinlegen, spricht für den großen Willen nach Anerkennung, den sie haben. Besser hätte es Ruth Anne Byrne gar nicht in eine Geschichte verpacken können.
Mein Fazit zu Ungebremst
Super geschrieben und eine tolle Lektüre mit pädagogischem Wert gerade für jüngere Leserinnen und Leser. Ungebremst beschreibt einfühlsam Kampf einer jungen Rollstuhlfahrerin um Anerkennung und Respekt. Das Buch zeigt die vielfältigen Probleme auf, mit denen Rollstuhlfahrer immer wieder zu kämpfen haben, aber auch Lösungen und Vorschläge für mehr Akzeptanz. Ein gutes Buch, das mir eine Leseempfehlung wert ist.
Ganz herzliches Dankeschön für diese wirklich schöne Rezension!
Liebe Grüße aus Wien,
Ruth Byrne
Sehr gerne. 🙂