9. November 2024

Brüder des Windes von Tad Williams

Unter den Sithi Osten Ards gibt es keine anderen zwei, die so geliebt und bewundert werden wie die beiden Söhne der Herrscherfamilie: Hakatri, ein stets verlässlicher Junge, und sein stolzer und leidenschaftlicher kleiner Bruder Ineluki, der spätere Sturmkönig. Sein Temperament reißt den jüngeren hin, einen gleichermaßen kühnen wie schrecklichen Schwur zu leisten: Er will das tödliche und furchtbare Ungeheuer Hidohebhi zur Strecke bringen und vernichten. Aber damit bringt er nicht nur seinen Bruder und sich selbst in die größte Gefahr, sondern er beschwört auch eine Katastrophe für alle Sithi herauf, womöglich sogar auch für das ganze menschliche Geschlecht. (Klappentext, Brüder des Windes)

Titel: Brüder des Windes (Brothers of the Wind) Autor: Tad Williams Verlag: Hobbit Presse, Klett-Cotta Reihe: Osten Ard (Vorgeschichte) Seitenzahl: 368 Genre: High Fantasy Alter: 14+ Erste Aufl.: 13. April 2022 (2. November 2021) Ausgaben: Hardcover, E-Book, Hörbuch ISBN: ‎ 978-3608985030 (HC) Sonstiges: Karte Folgeband: Der Drachenbeinthron (Geheimnis der großen Schwerter, #1)

Über den Autor von Brüder des Windes

Tad Williams ist am 14. März 1957 in San José in Kalifornien geboren, studierte in Berkeley und arbeitete anschließend in vielen verschiedenen Jobs – als Sänger, Schuhverkäufer, Zeitungsjunge, Radiomoderator, am Theater, beim Fernsehen, als Lehrer, in einer Computerfirma. Er schreibt neben Fantasy-Bestsellern Comics, Drehbücher und Hörspiele. Neben seiner Otherland-Reihe gehört der Mehrteiler um den Drachenbeinthron zu Tad Williams‘ erfolgreichsten Werken.

Tad Williams lebt mit seiner Frau Deborah Beale und den beiden Kindern in Nordkalifornien. Sie haben zahlreiche Hunde, Katzen und Schildkröten als Haustiere.

Meine Meinung zu Brüder des Windes

Der Drachenbeinthron von Tad Williams und seine Folgebände war die erste große zusammenhängende Fantasy-Reihe, die ich gelesen habe. Das war zu meiner Bundeswehrzeit, damals 1995, als es noch die Wehrpflicht gab, und ich war begeistert. Nicht von der Wehrpflicht, aber von Tad Williams‘ fabelhafter Fantasy und seinem Schreibstil. Seither zählt die ganze Reihe zu meinen Lieblingsbüchern. 2015 gab es ein Reread der ganzen Reihe und ich habe es genossen. Auch die Fortsetzung, Die Hexenholzkrone, ist durchaus lesenswert, wenn auch noch nicht alle Teile bis dato erschienen sind.

Tad Williams: Brothers of the Wind, Hardcover, DAW, 2021

Umso mehr freute ich mich auf die Vorgeschichte zum Drachenbeinthron, die vor Kurzem endlich auf Deutsch in den Handel kam: Brüder des Windes
Schon mit dem Cover hat Hobbit Presse/Klett-Cotta ganze Arbeit geleistet. Der Umschlag zeigt den alten Drachen Hidohebhi, der in dem Buch eine zentrale Rolle spielt. Ein schreckliches und gewaltiges Biest, das nichts mit den braven und weisen Drachen anderer Fantasy-Reihen gemeinsam hat. Nahezu unbezwingbar und tödlich.

Auch das Cover der englischen Ausgabe (DAW) ziert der schwarze Drache. Das möchte ich Euch an dieser Stelle natürlich auch nicht vorenthalten (links).

Die Protagonisten – ein bisschen wie Feuer und Wasser

Doch obwohl Hidohebhi eine wichtige Rolle im Buch spielt, dreht sich doch die ganze Geschichte im Buch um die beiden Sithi-Brüder Hakatri und Ineluki, die man auch die „Brüder des Windes“ nennt. Der jüngere von beiden, Ineluki, wird sich später in der Drachenbeinthron-Reihe als der untote „Sturmkönig“ einen Namen machen. Er ist der geheimnisvolle und mächtige Antagonist, um dessen Wiedererweckung sich die ganze Reihe dreht.

In Brüder des Windes steht der junge Ineluki jedoch noch höchst lebendig auf der Seite der Guten. Einige schwierige Charakterzüge treten jedoch schon hervor und sind Vorboten seiner düsteren Zukunft. Ineluki ist stolz und ungestüm, manchmal aufbrausend und er handelt bisweilen auch unüberlegt. Sein größerer Bruder Hakatri hingegen ist das Gegenteil zu ihm: nachdenklich, besonnen, bescheiden, rücksichtsvoll und gutherzig. Er ist der Ausbund eines guten Charakters und er liebt seinen Bruder Ineluki über alles. Seine Loyalität wird ihm letztendlich einen hohen Preis abverlangen. Die beiden Brüder sind sehr gegensätzlich und weiß Gott nicht immer einer Meinung. Tad Williams hat das im Buch sehr gut und glaubwürdig herausgearbeitet, wie ich finde.

Erzählt wird die ganze Geschichte mit den Worten und aus der Perspektive von Pamon Kes, dem überaus loyalen Waffenträger (Knappen) von Hakatri. Er begleitet seinen Herrn während seiner gefahrvollen Reise kreuz und quer durch Osten Ard und schildert die Ereignisse aus seiner Sicht. Ich fand das super gelöst, zumal auch Pamon Kes im Laufe der Handlung immer vielschichtiger wird. Er ist seinem Herrn gegenüber so loyal und ergeben, dass man schon von Selbstaufopferung sprechen kann. Dennoch hatte ich zu keiner Zeit das Gefühl, Tad Williams würde hier zu dick auftragen. Das liegt wohl auch an Pamons Vergangenheit, die Stellung seines Volks und seine nachvollziehbaren Beweggründe. Brüder des Windes hat nämlich durchaus auch einige gesellschaftskritische Aspekte vorzuweisen.

Die Gesellschaft der Sithi – nicht immer glanzvoll

Das Volk der Sithi unterteilt sich in drei große Guppen. Ineluki und Hakatri gehören den Zida’ya an. Während sich diese allgemein als der gute und rechtschaffene Zweig des Elfenvolks darstellen, repräsentieren die Hikeda’ya eher die dunkle Seite. Sie leben in ihrer düsteren und kalten Stadt Nakkiga, tief unter einem Berg im hohen Norden Osten Ards, mit ihrer geheimnisvollen Königin Utuk’ku Silbermaske. Pamon Kes hingegen gehört dem Zweig der Tinukeda’ya an, ein von vielen unterdrückter Volksstamm mit wenig Rechten. Die Spannungen zwischen den einzelnen Gruppen der „Unsterblichen“ (sie leben sehr lange) macht einen guten Teil der Geschichte aus. Daneben gibt es schließlich noch die Völker der „Sterblichen“, allen voran die Menschen, die von manchen Sithi als Bedohung gesehen werden. Mir hat gefallen, wie Tad Williams in Brüder des Windes jedem Volk seine eigene Vorgeschichte gibt, was oft auch Grundlage für deren Wesenszüge ist.

Pamon Kes beginnt mit der Zeit nach und nach seine Stellung in der Gesellschaft zu hinterfragen. Das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen einschneidenden Erlebnissen auf seiner langen Reise durch Osten Ard.

Die Welt – facettenreich und voller Entdeckungen

Tad Williams: Der Drachenbeinthron, Hardcoverausgabe, Hobbit Presse/Klett-Cotta, 2014.

Tad Williams hat mit Osten Ard eine wirklich interessante Welt erschaffen. Damit meine ich jetzt nicht nur in Bezug auf die Geografie, sondern auch geschichtlich und multikulturell. Wer Der Drachenbeinthron und die Folgebände bereits gelesen hat, wird einiges davon schon kennen. Trotzdem kommt viel Neues hinzu, allen voran die spannende Geschichte der Sithi, ihre Kultur und Lebensweise und die bereits erwähnten drei Clans. Mit Brüder des Windes schließt der Autor viele Lücken seiner früheren Bücher und beantwortet seinen Fans zahlreiche Fragen.

Die Handlung lebt nicht von detailreichen Kämpfen und Magie und kein dramatischer Höhepunkt jagt den nächsten.

Vielmehr ist es eine Reise durch die Provinzen und Städte Osten Ards, auf die man sich gerne begibt. Wer epische Schlachten erwartet wird, abgesehen von den Kämpfen gehen Hidohebhi, recht enttäuscht sein. Vielmehr stehen die Charakterbeziehungen, die Entwicklung der Protagonisten und die Entdeckung des Kontinents im Fokus der Handlung. Dadurch könnte vielleicht der Eindruck entstehen, es würde in dem Buch nicht viel passieren. Wenn man sich aber darauf einlässt, dann darf man die viele alte und neue Facetten von Tad Williams‘ Osten Ard entdecken. Schade nur, dass es ein Einzelband bleiben wird.

Mein Fazit zu Brüder des Windes

Ich habe das Buch während eines Aufenthalts im Klinikum gelesen. Rückblickend war das ideal, denn so konnte ich wirklich tief in die Handlung eintauchen, ohne große Pausen. Ich habe mir auch lange überlegt, wie ich Brüder des Windes letztendlich bewerten soll.

Ursprünglich hatte ich mir etwas mehr Action in der Handlung erwartet. Beim Drachenbeinthron wollte ich einfach immer nur wissen, wie es weitergeht. Dieses Gefühl hatte ich bei diesem Werk nicht ganz so stark. Was mich „bei der Stange“ gehalten hat, war Osten Ard selbst, die interessanten geschichtlichen Hintergründe und Kulturen. Daher würde ich Brüder des Windes nicht unbedingt als Einstieg in Tad Williams‘ Osten Ard empfehlen. Es wäre besser, mit dem Drachenbeinthron und Simon Schneelockes Geschichte zu beginnen, da hier einfach mehr passiert. Brüder des Windes ist jedoch eine sehr gute Quelle, wenn man mehr über die Sithi und die Geschichte von Ineluki, dem Sturmkönig, erfahren möchte.

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich bei Hobbit Presse/Klett-Cotta für das freundlicherweise zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken.

Jay

2 Gedanken zu “Brüder des Windes von Tad Williams

  1. Hallo Jay!

    Eine ganz tolle Rezension zu dem Buch! Ich hab es vor kurzem auch gelesen und war wie immer fasziniert von dieser großartigen Welt, die Tad Williams entworfen hat!
    Ich hab die Reihe um den Drachenbeinthron ja erst vor einiger Zeit angefangen und gelesen, bin also auf dem neuesten Stand und warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung! 😀
    Ich mochte Brüder des Windes gerne, aber ich hab mir auch einen Tick „mehr“ davon erhofft…

    Liebste Grüße und ein schönes Wochenende!
    Aleshanee

    1. Hallo Aleshanee,
      ja, ich gebe Dir recht. Ich hatte mir auch etwas mehr erhofft. Die Reise durch Osten Ard war interessant, aber es fehlte ein bisschen die „subtile Bedrohung“, die über allem schwebt. Die Heilerin und der Heiler aus Nakkiga haben zwar in verschiedene Ohren geflüstert, aber da hätte einfach noch ein bisschen mehr kommen müssen. Ein weiterer dramaturgischer Höhepunkt (neben dem Drachen) zu einem späteren Zeitpunkt, wäre vielleicht gut gewesen.

      Liebe Grüße und Dir auch eine schönes Wochenende.
      Jay

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