Paul ist faul. Und stolz darauf, dass er trotzdem irgendwie durchs Gymnasium kommt. Aber jetzt steht das Schnupperpraktikum in der Förderschule an. Den ganzen Tag Sabberlätzchen wechseln und Hintern abwischen? Nicht mit Paul! Als er für den neuen Schüler Per gehalten wird, beschließt er spontan, diese Rolle anzunehmen. Schließlich stehen Chillen im Whirlpool und Videospiele auf dem Stundenplan. Sogar mit seinen neuen „Mitschülern“ kommt Paul gut klar. Doch was, wenn er auffliegt? Auch auf der Förderschule gibt es keine Eins fürs Scheißebauen, oder? (Klappentext von Scheiße bauen: sehr gut)
Titel: Scheiße bauen: sehr gut Autor: Tobias Steinfeld Verlag: Thienemann-Esslinger Seiten: 240 Alter: 12-15 Jahre Erste Auflage: 13. Februar 2018 Ausgaben: Broschierte Ausgabe, E-Book ISBN: 978-3522202473 Sonstiges: —
Infos zum Autor von Scheiße bauen: sehr gut
Tobias Steinfeld wurde 1983 in Osnabrück geboren. Während seines Studiums jobbte er als Inklusionshelfer an einer Förderschule. Heute leitet er Schreibwerkstätten für Jugendliche und schreibt selbst Geschichten. Als sein erstes Stück auf die Bühne kam, rief seine ehemalige Grundschullehrerin ungläubig und stolz bei seiner Mutter an: „Ist das wirklich von Tobias?“.
„Scheiße bauen: sehr gut“ ist sein Romandebüt und wurde unter anderem mit dem Mannheimer Feuergriffel-Stipendium ausgezeichnet. Er lebt derzeit in Düsseldorf.
Meine Meinung zu Scheiße bauen: sehr gut
Der Verlag Thienemann-Esslinger ist für wunderbare Kinder- und Jugendbücher, wie zum Beispiel Der Räuber Hotzenplotz, Die kleine Hexe, Momo und Krabat, bekannt. Umso mehr freute es mich, dass man mir auf meine Anfrage hin Rezensionsexemplare für zwei neu erschienene Jugendbücher zugeschickt hat. Ich bin mit den oben erwähnten Klassikern groß geworden und freute mich auf weitere tolle Bücher aus dem Verlag. Tobias Steinfeld ist unter der Vielzahl deutscher Autoren noch recht unbekannt, doch sein Romandebüt Scheiße bauen: sehr gut hat Potential, auch wenn ich mir, soviel sei schon gesagt, noch etwas mehr versprochen habe. Aber der Reihe nach.
Titel und Klappentext sind schon bestens geeignet das Interesse an der Geschichte zu wecken. Und was könnte Kinder und Jugendliche von 12 bis 15 Jahren mehr ansprechen, als eine Handlung, die in der Schule spielt, mit einer Hauptperson, die zunächst mal null Bock auf Schule hat, lieber zu spät kommt und die Zeit mit „nützlicheren“ Dingen verbringt, als in der Klasse zu sitzen. Paul ist faul und stolz darauf, heißt es im Klappentext, und genau so zeichnet Steinfeld seinen Protagonisten. Ein dreiwöchiges Pflichtpraktikum in einer Förderschule ist für Paul der wahre Albtraum. Nicht nur, dass man ihn zur Schule verdonnert hat (er hat sich die Praktikumsstelle nicht ausgesucht), jetzt muss er sich auch noch mit Schülern abgeben, die er oft nicht versteht, weil sie eben anders sind, als die üblichen Altersgenossen. Man merkt sofort, dass Tobias Steinfeld vom Fach ist und weiß, wie es in den Klassen von Förderschulen zugehen kann. Mit viel Witz und auch Einfühlungsvermögen beschreibt er die Situation in den Klassen und was Paul in seiner Praktikumszeit so alles widerfährt. Stop. Eigentlich sollte Paul ja an der Förderschule tatsächlich Praktikum machen, aber als man ihn am ersten Tag mit dem neuen Mitschüler Per verwechselt, nutzt er das Missverständnis, um sich von Lehrern und Personal betüdeln zu lassen. Kann man auch verstehen, denn wer will schon freiwillig arbeiten, wenn relativ entspannte drei Wochen locken? Die ganze Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Paul/Per erzählt, was es den jungen Lesern ermöglicht seine Eindrücke und Gedanken direkt zu verfolgen. Dass auch ein Schülerleben an der Förderschule sehr anstrengend werden kann, merkt Paul dann auch nach wenigen Stunden. Die Mitschüler seiner Klasse sind ein bunt gemischter Haufen und Paul freundet sich langsam mit ihnen an, auch wenn ihn manche Verhaltensweisen verwirren, ja sogar abstoßen. Ein guter Freund wird ihm der junge Türke Fatih, einem abgebrühter Meister im „Scheiße bauen“, der seinen Klassenkameraden auch geistig ein ganzes Stück voraus ist. Die Freundschaft zwischen den beiden zieht sich durch das ganze Buch und bringt einem Leser auch immer wieder zum Schmunzeln, denn natürlich fehlen auch Streiche nicht. Fatih ist besonders und Tobias Steinfeld beschreibt die Beziehung der beiden in einer authentischen, stark jugendlich geprägten Sprache. Überhaupt ist der Schreibstil sehr locker und auch die Dialoge zwischen den Charakteren treffen auf den Punkt. So kann vermutlich nur jemand schreiben, der die Schülerschaft in diesem Alter kennt. Am besten natürlich ein Lehrer.
Das Buch hat lediglich 240 Seiten und ist in viele recht kurze Kapitel unterteilt, was es zur angenehmen Lektüre auch für jüngere Leser macht. Die Handlung bietet viel Abwechslung, doch leider fehlte es mir ein wenig an Spannung. Man will eigentlich vor allem wissen, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Der Schluss viel dann auch relativ knapp aus. Hier hatte ich mir irgendwie mehr erwartet.
Zwar gibt der Autor einen guten Einblick in den Alltag von Förderschulen und die Lebenssituationen der Schülerinnen und Schüler dort, dennoch hätte ich mir in manchen Bereichen etwas mehr Tiefgang erwartet, etwas mehr Stoff zum Nachdenken nach Beendigung des Buches. Vielleicht hängt mein höherer Anspruch an das Buch aber mit der Tatsache zusammen, dass ich ein erwachsener Leser bin. Letztendlich muss es jedoch den Kindern und Jugendlichen gefallen und davon bin ich eigentlich fest überzeugt.
Mein Fazit
Mit Scheiße bauen: sehr gut veröffentlichte Tobias Steinfeld einen Jugendroman, der für Jungen und Mädchen gleichermaßen geeignet ist. Mit viel Humor und auch Einfühlungsvermögen gibt er seinen Lesern einen wirklichkeitsnahen Einblick in das Leben einer Förderschule und vergisst dabei auch nicht, die Wichtigkeit dieser Schulart für die gezielte Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung und Lernproblemen zu betonen. Das Buch regt zum Nachdenken an, ohne jedoch belehrend zu wirken. Ein tolles Buch mit netten Charakteren und einer abwechslungsreichen Handlung. Was kann man mehr erwarten?
Mein großer Dank gilt dem Thienemann-Esslinger Verlag für das Rezensionsexemplar.
Hallo, ich bin ganz zufällig auf diese Seite gestoßen und als ich deinen Beitrag durchgelesen habe, musste ich mich an meine Schulzeit zurückerinnern.
Ja, solche Bücher sind dafür geeignet. 🙂