
Für viele Menschen sind Bücher vor allem Gebrauchsgegenstände, die man kauft, liest und dann eventuell ins Regal stellt oder gleich wieder los wird. Andere Menschen sammeln Bücher (oft mehr, als sie jemals lesen können) und füllen große Regale mit ihnen, einfach weil man gerne viele Bücher um sich hat und sie eine Wohnung einfach gemütlicher machen. Und dann gibt es noch die etwas seltenere Spezies, deren Angehörige schöne und besondere Bücher lieben, sammeln und sich daran erfreuen. Das sind dann signierte Bücher, Erstausgaben, Sonderdrucke und limitierte Ausgaben, die nicht jeder im Regal stehen hat. Zu dieser Spezies gehöre ich seit einigen Jahren.
Mit der selben Leidenschaft, mit der andere eben Münzen, Briefmarken, LKW-Modelle, Rembrandts und Teddybären sammeln, so sammle ich eben schöne Bücher.
Der Büchermarkt ist hart umkämpft
Es ist noch gar nicht so lange her, da waren von Autoren signierte Bücher noch Besonderheiten, weil selten. Doch der Buchmarkt ist hart umkämpft. Autoren und Verlage buhlen um die Gunst der Lesenden und deren Geld. Jedes Jahr werden weltweit knapp 1,8 Millionen neue Titel veröffentlicht, davon allein 64.000 neue Titel (2021) in Deutschland. Allerdings geht die Zahl der Neuveröffentlichungen seit 2007 kontinuierlich zurück.
Um möglichst viele Exemplare an den Mann oder die Frau zu bringen, lassen sich Autoren, Buchhändler und Verlage mit ihrem Buchmarketing so einiges einfallen. Angebote müssen sich von der breiten Masse der abheben und ein Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Käufer zu erlangen, ist der Verkauf bereits signierter Bücher. Man muss also nicht mehr auf eine Buchmesse fahren, sich in langen Signierschlangen die Beine in den Bauch stehen, wenn man lediglich eine Unterschrift des Autors ins Buch haben möchte. Natürlich ist es aber nicht allein die Unterschrift, denn den Lieblingsautor (oder die Lieblingsautorin) einmal persönlich zu treffen, ist für sich allein schon ein tolles Erlebnis.
Die Signatur-Inflation
Buchhändler und Verlage (insbesondere im englischsprachigen Raum) haben also entdeckt, dass sich mit signierten Werken durchaus Umsätze erzielen lassen, und das nicht nur bei Sammlern. Also lässt man die Autoren im stillen Kämmerlein ein paar hundert Bücher (oder auch tausend) signieren und verkauft diese dann mit Signatur-„Mehrwert“ an interessierte Fans. Natürlich verdienen die Autoren an jedem verkauften Buch ebenfalls mit und die Käufer sind glücklich. Oft sind diese signierten Bücher nicht einmal teurer, als die regulären Exemplare aus den Regalen der Buchhandlungen. Es geht lediglich darum, möglichst viele davon unters Volk zu bringen und Umsatz zu machen.
Inzwischen ist der Markt jedoch so groß geworden, dass signierte Werke in eine recht weite Verbreitung gefunden haben. Auf jeder Buchmesse und bei jedem Bücherkonvent werden hunderte Bücher von Autoren signiert und finden ihren Weg in die Regale des Otto-Normal-Lesers. Viele Autorinnen und Autoren suchen inzwischen den persönlichen Kontakt zu ihren Lesern und signieren natürlich gerne ihre eigenen Bücher. Bestseller-Autoren werden inzwischen gefeiert wir Stars und sie zu treffen ist schon ein Erlebnis für sich. In früheren Zeiten war das nicht in diesem Maß der Fall. Versucht doch mal eine signiertes Buch von Astrid Lindgren zu bekommen oder gar ein von Tolkien signiertes Exemplar von Der Herr der Ringe – ziemlich schwierig, ja beinahe unmöglich (was den Tolkien betrifft). Klar, die Schriftsteller sind auch schon verstorben. Nachschub bleibt aus.
Signaturen in Büchern finden inzwischen also fast inflationäre Verbreitung, nicht zuletzt weil Autorinnen und Autoren inzwischen schon regelrechte Tourneen veranstalten, um mit ihren Lesern in Kontakt zu kommen. Erscheint ihr neues Buch, dann ziehen sie von einer Buchhandlung zur anderen, führen Lesungen durch und signieren, was der Füller hergibt.

Nur wenige berühmte Schriftsteller sind hier zurückhaltender. Versucht doch mal den öffentlichkeitsscheuen Stephen King zu treffen und euch von ihm ein Buch signieren zu lassen. Als er 2013 in München seinen ersten und bisher einzigen öffentlichen Auftritt in Deutschland hatte, war das Zelt vom Circus Krone brechend voll. Signiert hat er im Anschluss nicht, aber einige wenige signierte Bücher wurden (wenn ich mich recht erinnere) an die Zuschauer verlost. Entsprechend teuer werden Kings signierte Bücher auf dem Markt unter Sammlern gehandelt.
Wie man Papier zu Gold macht
Die breite Masse gibt sich mit einfach signierten Exemplaren zufrieden. Gerne noch mit einer Widmung, damit der Abschluss der vielen Stunden in der Warteschlange zu einem ganz persönlichen Moment mit dem Autor oder der Autorin wird, an den man sich gerne erinnert. Einigen Sammlern und Buchliebhabern ist das schon lange nicht mehr genug und suchen das Besondere. Manche Verlage und Buchhändler haben das erkannt und produzieren Sonderausgaben bekannter Bücher in streng limitierten Zahlen und lassen sich das auch gut bezahlen.

Unter Kennern bekannte Verlage sind zum Beispiel Subterranean Press oder Grim Oak Press in den USA, die vor allem Fantasy- und Science-Fiction-Titel an zahlungskräftige Sammler und Liebhaber verkaufen. Die Ausgaben sind so streng limitiert, dass manche bereits innerhalb weniger Minuten online vergriffen sind und vor allem Subterranean Press nutzt die große Nachfrage nach seinen Büchern schamlos aus, und kann sich deshalb so einiges erlauben. Die Qualität der Verarbeitung erscheint zwar auf den ersten Blick gut, bei näherer Betrachtung erkennt aber selbst der Laie schnell, dass hier möglichst kostengünstig produziert wurde.
Die dickeren Hardcover bekommen oft nicht einmal ein Lesebändchen spendiert und das zu einem Preis von mitunter über 300 Dollar (zzgl. Versand und Zoll). Die Kunden bezahlen es dennoch und selbst ich habe einige Bücher des Verlags im Regal stehen. Inzwischen bin ich jedoch davon losgekommen, die Abzocke von SubPress weiterhin zu unterstützen. Der Fairness halber muss man jedoch auch sagen, dass diese Ausgaben oft auch eine Wertsteigerung haben, sie man also gut wieder auf Ebay verkaufen kann. Für Sammler, die gerne schöne Bücher haben, gibt es jedoch bessere und günstigere Alternativen.
Neue Wege im Buchmarketing
Findige Buchhändler sind inzwischen dazu übergegangen in Eigenregie bekannte Bestseller in Kooperationen mit den betreffenden Verlagen neu aufzulegen. Vor allem wird das im englischsprachigen Raum gemacht, wo der Kreis der potenziellen Käufer entsprechend groß ist. Ich bin mal gespannt, wann sich auch ein deutscher Verlag oder Händler an diese Nische heranwagt.
Im Buchmarketing gibt man sich sehr viel Mühe, den Sammlern etwas Besonderes zu bieten und gestaltet die Bücher entsprechend aufwändig. Natürlich sind diese Auflagen dann auch vom Autor signiert und auf eine bestimmte Anzahl limitiert. Erfreulicherweise sind sogar die Preise noch moderat, und wer nicht die tausendfach gedruckte Handelsausgabe des neuen Buchs des Lieblingsautors im Regal stehen haben will, kann sich an einer schönen limitierten Ausgabe erfreuen. Immer öfter sieht man inzwischen, dass der Buchschnitt bedruckt wird, oft sogar farbig, um die limitierten Ausgaben von der breiten Masse abzuheben. Buchdeckel werden neu gestaltet und, je nach Preis, auch in Kunstleder eingebunden. Wenn die Parfüm-Industrie keine Kosten scheut, die Aufmerksamkeit der Kunden für ihre Duftwässerchen durch hochwertige Flakons und Verpackungen zu erringen, warum sollte es dann beim Massenmedium Buch nicht auch versucht werden?
Der Erfolg gibt den Händlern recht. Einer davon ist The Broken Binding in England. Man verkauft dort nicht nur reguläre signierte und unsignierte Werke aus den Genres Horror, SciFi und Fantasy, man verlegt auch selbst limitierte Ausgaben und verkauft sie im Rahmen eines Buch-Abonnements gegen eine monatliche Abogebühr. Die Ausgaben sind so toll gemacht und die Nachfrage so groß, dass es inzwischen selbst für die Abonnentenliste eine Warteliste gibt. Die Ausgabe von Joe Abercrombies Best Served Cold (rechts) ist ein Beispiel für eine wirklich gelungene Sonderausgabe. Man beachte den farbig bedruckten Buchschnitt. Hier eine ausführliche Vorstellung.

Buchmarketing – Das Ende der Fahnenstange ist sicherlich noch nicht erreicht
Wie man sieht, hat sich im Buchmarketing in den vergangenen Jahren so einiges getan. Das liegt nicht zuletzt an den neuen technischen Möglichkeiten, die sich den Produzenten von Büchern bieten. Eine stetig wachsende Nachfrage nach Besonderheiten auch am Buchmarkt, der Konkurrenzdruck und notwendige Umsatzzahlen befeuern die Entwicklung auch in den kommenden Jahren. Ich bin gespannt, was sich Händler, Verlage und Autoren noch so alles ausdenken, sehr zur Freude von uns Liebhabern und Sammlern.
Als Sammler und Buchliebhaber stelle ich hier im Blog immer wieder gerne auch Sonderausgaben vor, um euch an den schönen Dingen teilhaben zu lassen, die der Postbote mir bringt. Wenn Ihr Fragen dazu habt, dann schreibt mir gerne in die Kommentare.
Jay
Hallo Jay,
Mit diesen Artikel hast du einen wirklich tollen Überblick über die aktuellen Entwicklungen geliefert – danke dafür. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits kann so ein Buchschnitt ein Buch richtig aufwerten. Wenn dafür dann an anderer Stelle gespart wird, dann nützt das aber alles nichts. Warum sollte ich beispielsweise 100 € für ein signiertes Buch mit Buchschnitt ausgeben, wenn es nicht einmal eine Fadenheftung hat?
Aber immerhin bewegen sich auch deutsche Verlage langsam in die (hoffentlich richtige) Richtung
Viele Grüße,
Eugen
Hallo Eugen,
gerne geschehen und vielen Dank für das Feedback. Ich komme ursprünglich aus der Marketing-Richtung und deswegen habe ich auf die Entwicklungen immer auch ein Auge. Ich gebe Dir recht, was die Einsparungen betrifft. Leider ist das sogar bei kleinen Verlagen der Fall, die signierte und limitierte Ausgaben vertreiben. Da werden nur 500 Exemplare von einer Sonderausgabe gefertigt, mit aufwändigen Illustrationen, Ledereinband und dergleichen, aber dann verwendet man eine günstige Klebebindung und spendiert dem Buch nicht einmal ein Lesebändchen. Das werde ich nie verstehen. Für mich ist das reine Abzocke. Wenn ich zwischen 100,00 und 300,00 Euro für ein Buch ausgebe (zzgl. Versandkosten!), dann erwarte ich auch Qualität bis ins Detail. Es muss nicht in Gold eingefasst sein, aber eine ordentliche Bindung, wie Du sagst, ist für mich das Mindeste. Ein gutes Beispiel für Abzocke mit (in meinen Augen) überteuerten signierten und limitierten Ausgaben, die günstig gefertigt wurden, ist Subterranean Press in den USA.
Viele Grüße
Jay
Hallo Jay, die Joe Abercrombie-Ausgabe ist schon der Hammer…ich durfte meine letzte Woche auspacken 🙂 Die deutschen Verlage tun sich da echt schwer. Nun sitze ich als Buchhändler schon quasi an der Quelle – dennoch ist es immer noch recht schwierig, z.B. signierte Bücher zu bekommen. Ich bleibe dran… Aber es gibt auch kleine Lichtblicke. So hat z.B. Heyne eine (wie ich finde) schöne Ausgabe von Stephen Kings „Es“ im Schuber rausgebracht. Die ist sehr schick… Viel Freude beim weiteren Sammeln und rezensieren!
Hallo Marco,
ja, die Ausgabe ist der Hammer. Wäre doch fantastisch, wenn es einen deutschen Buchhändler gäbe, der solche Ausgaben für Sammler und Liebhaber in Lizenz produzieren würde, oder? Ich habe ein paar gute Adressen, aber es sind halt ausschließlich englischsprachige Ausgaben. Deutsche signierte Sonderausgaben gibt es leider kaum, obwohl es dafür einen Markt geben würde (könnte ich mir vorstellen).
Danke für den Hinweis auf die ES-Ausgabe. Muss ich mir ansehen. Ich freue mich, dass ich nach meiner OP und durchaus arbeitsreichen Zeit nun endlich wieder Zeit zum Lesen und Bloggen finde. Ich hoffe, dein Geschäft läuft wie Du es Dir erhofft hast.
Viele Grüße
Jens/Jay
Hallo Marco,
ich habe es getan und die Ausgabe von ES gekauft. Demnächst kommt ein Beitrag dazu. 🙂
Viele Grüße
Jay
Hallo Jay
Nachdem ich jetzt deinen Beitrag gelesen habe, steigt das Verlangen in mir, endlich eine illustrierte Dune-Ausgabe zu kaufen. Ich gehöre auch zu denen, die besondere Ausgaben schätzen und am liebsten mag ich es illustriert 🙂
Liebe Grüße
Sandra
Hallo Sandra,
ja, ich liebe auch illustrierte Bücher. Dune gibt es als illustrierte Paperback-Ausgabe (hab ich gesehen), allerdings sind die schweineteuer, da Ende der 1970er Jahre gedruckt. Inwieweit die „Deluxe Edition“ von 2019 diese Illustrationen beinhaltet, kann ich nicht sagen. Deutsche illustrierte Ausgaben sind wohl rar. Das wäre eigentlich mal eine tolle Sache: eine illustrierte deutsche Gesamtausgabe…
Liebe Grüße
Jay
Ich hatte an die neue Deluxe gedacht, muss mir aber die Illustrationen nochmal anschauen. Und jetzt bin ich auch neugierig auf die Fassung aus den 70ern … 🙂
LG
Sandra