Hallo zusammen. Eigentlich beantworte ich die Montagsfrage in der Regel direkt am Tag ihres Erscheinens, weil es eben die Montagsfrage ist. Diesmal hat sich meine Antwort offensichtlich etwas verzögert. Solltet Ihr also meinen Beitrag gestern vermisst haben, dann keine Panik. Hier ist sie endlich.
Im Moment ist einfach sehr viel an der Schule zu tun. Haufenweise Korrekturen, Konferenzen, Elterngespräche, Nachschreibetermine und allerlei Verwaltungskram (der leider immer mehr wird) halten mich tagsüber ziemlich auf Trab. Ich bin dann abends einfach nur froh, wenn ich ins Bett fallen kann. Bisweilen schaffe ich es dann noch das eine oder andere Kapitel zu lesen, bevor mir die Augen zufallen. Am nächsten Tag geht’s dann wieder von vorne los. Aber Ihr kennt das ja sicher auch, falls Ihr im Berufsleben steht.
Gut ist es, dass es langsam wieder wärmer wird und man an schönen Tagen auch die Sonne genießen kann. Ein bisschen wandern oder eine kleine Städtetour mit Besuch der örtlichen Buchhandlungen und einer Eisdiele. Da kann man sich langsam wieder dran gewöhnen. Sonniges Wetter und eine Decke am See, ein Tässchen Tee auf dem Balkon und vieles mehr – das sind für mich auch gute Gründe fürs Lesen. Das ist auch das Thema der Montagsfrage von Sophia vom Bücherblog Wordworld, über das ich gerne schreibe. Die eigentliche Frage lautet:
Lesewerbung zum Welttag des Buches:
Wie würdet Ihr Nicht-LeserInnen Euer Hobby schmackhaft machen?
Lesen und Bücher sammeln, das ist ein Hobby, dem ich seit vielen Jahren gerne nachgehe. Schon als Kind habe ich sehr viel gelesen. Nachts heimlich, sehr zum Leidwesen meiner Eltern, die es lieber gehabt hätten, ich hätte geschlafen. Das führte dann immer wieder auch dazu, dass sie für mein Kinderzimmer im Sicherungskasten den Schalter umgelegt haben, damit ich keinen Strom mehr fürs Licht am Nachttisch hatte. Mit Taschenlampe unter der Bettdecke zu lesen, das war mir dann als Kind zu umständlich (zu wenig Sauerstoff und irgendwann schläft dir mindestens ein Arm ein). Ja, so war das damals. Für mich war das die Möglichkeit, fremde Welten zu entdecken.
Wir hatten ja nüscht, damals in den 70ern und Anfang der 80er. Nicht mal WLAN und ein Handy. Keine Playstation und keine 300 Fernsehprogramme. Schon verwunderlich, wie wir unter solch katastrophalen Bedingungen psychisch unbeschadet durch unsere Kindheit kamen, ohne vor Langeweile zu sterben.
Wenn man Kinder und Jugendliche heute aufs Lesen anspricht, dann kommt oft die Antwort: Lesen ist langweilig. Ich glaube, dass viele Eltern es einfach versäumen, ihren Kindern das Lesen nahezubringen. Meine Oma hat mir als Kind abends schon immer Märchen vorgelesen, was dazu führte, dass ich sie irgendwann selbst lesen und erleben wollte. Es war nie langweilig und es hat mir auch nie geschadet. Wie wichtig das Lesen für Kinder und Erwachsene sein kann, das will ich hier in ein paar Punkten auflisten. Jetzt also einige gute Gründe fürs Lesen:
Erster guter Grund: Lesen macht einfach Spaß
Manche machen Sport, andere gegen gerne ins Kino, wieder andere spielen Videospiele. Sie alle wollen dabei Spaß haben und einen Ausgleich zum oftmals recht anstrengenden Alltag zu schaffen. Lesen ist jetzt zwar nicht gerade eine sportliche Betätigung, aber zweifelsohne auch mit Spaß verbunden. Dabei muss es nicht immer gleich ein Buch mit viel Witz und Humor sein. Auch ein düsterer Thriller oder ein Fantasyroman mit blutigen Kämpfen kann durchaus Spaß machen, wenn das Kopfkino so richtig in Gang kommt. Wenn man ins Kino geht, dann hat man ja in der Regel auch Spaß am Film, unabhängig vom Genre. Wenn man beim Lesen hin und wieder auch noch laut lachen kann (manche Autoren schaffen das), dann ist das nochmal besser, denn Lachen ist gesund. Na, wenn das nicht schon ein guter Anfang ist. Lasst mich noch ein wenig mehr auf die Gesundheit eingehen.
Zweiter guter Grund: Lesen ist gut für die Gesundheit
Wie ich bereits vor ein paar Jahren in einem anderen Beitrag geschrieben habe, hilft Lesen ungemein, die Gesundheit zu erhalten. Es ist wohl bewiesen, dass Lachen und auch Lächeln das Immunsystem stärkt. Klinische Studien haben wohl herausgefunden, dass sich häufiges Lachen gut auf Herz und Kreislauf auswirkt. Bei psychischen Krankheiten und Depressionen soll es den Heilungsprozess verstärken. Außerdem schüttet Lachen Glückshormone aus und macht dadurch glücklich. Doch das Lesen alleine schon trägt zur Gesundheit bei, denn es aktiviert die Vorstellungskraft und regt dadurch das Gehirn an. Durch dieses Training bleibt man vor allem im hohen Alter länger geistig fit, was Demenzerkrankungen vorbeugt. Meine Oma, diesen Mai feiert sie ihren 97. Geburtstag, trainiert ihren Geist mit dem täglichen Kreuzworträtsel aus der Zeitung. Warum dieses Training nicht schon in jungen Jahren starten, anstatt vor den Handys immer mehr zu verblöden? Es gibt nämlich weitere gute Gründe fürs Lesen.
Dritter guter Grund: Lesen bildet (und gefährdet die Dummheit)
Als Lehrer ist es mir immer ein besonderes Anliegen gewesen, meine Schülerinnen und Schüler zum Bücherlesen zu animieren. Nur wird, wie bereits erwähnt, die Vorstellungskraft gefördert. Man erwirbt auch Lesekompetenz. Ihr glaubt nicht, wie viele Schüler es nicht mehr schaffen, Aufgabenstellungen in Prüfungen (alle Fächer) sinngemäß zu erfassen.
Sie sitzen vor Textaufgaben in Mathematik und wissen nicht, was sie tun sollen, obwohl das dort genau beschrieben wird. Und ich spreche jetzt nicht von schwierigen Aufgabenstellungen in den 5. und 6. Klassen. Sinnerfassendes Lesen ist inzwischen ein großes Defizit bei vielen Schülern und muss erst in der Schule mühsam erlernt werden. Schüler hingegen, die viel lesen, tun sich wesentlich leichter, Aufgabenstellungen zu erfassen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist natürlich das Lernen von Inhalten. Man lernt viel über andere Länder und Kulturen, über die Psyche von Menschen und auch über Dinge des Alltags. Es erweitert auch den Wortschatz und grammatikalische Kenntnisse (nicht umsonst lese ich viele Bücher auf Englisch). Bücher sind unbestritten eine Fundgrube des Wissens, und wenn das Lesen Spaß macht, dann lernt man ganz nebenbei und ohne Anstrengung auch noch viel Wertvolles für das Leben. Lesen hilft also, die Welt zu verstehen.
Daher mein Appell an alle Eltern: Parkt Eure Kinder nicht vor Handy und Playstation, tut alles, um sie zum Lesen zu animieren.
Vierter guter Grund: Lesen entspannt
Nach anstrengenden Tagen hilft ein gutes Buch dem Alltag zu entfliehen und in neue Welten abzutauchen. Man vergisst die Sorgen des Lebens und kann abschalten. Die AOK schreibt: „Einer Studie an der University of Sussex zufolge kann das Lesen den aktuellen Stresspegel um bis zu 68 Prozent senken“ und das ist schon gewaltig. Wenn man bedenkt, dass vom Stress begünstigte Krankheiten inzwischen schon ein Volksproblem geworden ist.
Immer mehr Menschen können immer weniger abschalten. Sie hetzen von einem Termin zum nächsten und stehen beruflich und auch privat immer unter Druck. Die Folge sind dann nicht nur Schlafprobleme, sondern auch viel weitere körperliche Beschwerden. Dazu zählen: Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenschmerzen, Magengeschwüre, Asthma, chronische Kopfschmerzen und auch Burnout. Es wäre durchaus interessant zu wissen, wie viel Geld für Behandlungskosten jährlich eingespart werden könnte, würde man hier noch mehr vorbeugen. Nicht nur durch Sport, auch durch Lesen kann man hier sicherlich einiges tun, um Stress abzubauen, womit wir wieder beim Thema Gesundheit wären.
Entspannend ist so ein Buch für mich hauch abends, bevor ich das Licht ausmache. Es hilft mir herunterzufahren und abzuschalten. Der Schlaf ist dann oft schneller da, als wenn ich noch ewig über den vergangenen Tag grübeln muss. Nun noch zwei weitere gute Gründe fürs Lesen.
Fünfter guter Grund: Lesen kann soziale Kontakte fördern
Menschen, die Bücher lesen, kommen oft leichter ins Gespräch. Man tauscht sich über Bücher aus, diskutiert über Protagonisten, Inhalte und Autoren, und man wird vielleicht allgemein etwas kontaktfreudiger. Lesen kann helfen, Kontaktängste abzubauen. Gut, wenn wir ehrlich sind, dann kann man das auch auf viele andere Dinge übertragen. Sportbegeisterte werden wohl auch über ihren Sport in Kontakt kommen und Angehörige von Glaubensgemeinschaften sicherlich auch über ihre Religion (nur um mal zwei Beispiele zu nennen). Dennoch kann Lesen hier ebenfalls wertvolle Dienste leisten. Inzwischen gibt es online einige gute Book-Communitys, wo sich Lesebegeisterte kostenlos über Bücher austauschen können. Stellvertretend will ich hier mal den Büchertreff erwähnen, in dem ich selbst aktiv bin.
Sechster guter Grund: Lesen fördert Empathie
Wer viel liest, der lernt auch viele verschiedene Charaktere kennen und nicht selten muss man sich in diese hineinversetzen können, um die Handlung wirklich zu genießen. Wer kennt nicht die Traurigkeit, die einen umfängt, wenn der Lieblingscharakter im Buch auf tragische Weise ums Leben kommt (Fans von George R. R. Martin können davon ein Lied von Eis und Feuer singen). Ich glaube schon, dass Lesen hilft, Menschen besser zu verstehen. Vor allen Dingen, wenn es sich um Erzählungen handelt, die auf Tatsachen beruhen oder zumindest einen wahren Hintergrund aufweisen. Dazu zähle ich jetzt nicht nur viele historische Romane, sondern auch eine ganze Reihe Bücher, deren Handlung in der neueren Zeit spielt.
So, das waren einige gute Gründe fürs Lesen. Es gibt sicherlich noch manche mehr, an die ich noch nicht gedacht habe.
Ich wünsche Euch jetzt allen auch weiterhin eine gute Lesezeit. Mögt Ihr dadurch gesund bleiben, die Welt weiter entdecken und den Sorgen des Alltags erfolgreich entfliehen. Schreibt gerne Eure Gedanken in die Kommentare!
Ich beschäftige mich gerade (auch in einem Text) mit einer Frage, die in Richtung „ist lesen eine Flucht vor der Wirklichkeit“ geht, aufgrund einer Bemerkung einer ehemaligen Chefin, die ich völlig daneben fand. Aber so einen schönen Text habe ich bisher nicht hinbekommen. 🙂 Du hast so recht! Ich habe eine Freundin, die in der Erwachsenenbildung arbeitet und die von ähnlichen Defiziten (wohlgemerkt bei Erwachsenen!) berichtet. Wenn vor einigen Jahren Schüler die Hauptpunkte aus einem einseitigen Text finden und notieren sollten, reichten früher zwanzig Minuten. Heute bekommen sie dafür zwei Stunden. Auch aus meiner eigenen Arbeit kann ich sagen: Je jünger die Autoren werden, desto schlechter ist ihr Deutsch und ihr Textverständnis und das macht mir mittlerweile wirklich große Sorgen, weil ich das nicht normal finde. Nicht in diesem Ausmaß.
Danke auch für die Erkenntnis der älteren Generation 🙂 Ich hatte einen eigenen Fernseher als Kind, der hatte aber nur zwei Sender – da waren mir meine Bücher doch viel lieber! PC, Handy und Co kamen erst, als ich anfing zu studieren. Mir tun die Kids heute sehr oft sehr leid, vor allem, weil die Entwicklung diesbezüglich offenbar nicht erkannt und immer weiter vorangetrieben wird. Die Ergotherapeutin bei uns um die Ecke erzählt, sie habe viele Kinder in „Behandlung“, die einfach stillsitzen lernen sollen, wie man einen Stift hält und was man damit alles machen kann etc. Die aber genau wissen, wie Mamas Handy funktioniert (weil die auch die ganze Zeit draufstarrt). Gebt ihnen Bücher!
Hey Jay,
danke für den sehr ausführlichen Artikel!
Gerade aus Lehrerperspektive kann ich das gut nachvollziehen 😉
Liebe Grüße
Sophia
Hey Sophia,
gerne geschehen. Ich habe mir zu dem Thema schon öfter Gedanken gemacht und auch bereits den einen oder anderen Beitrag dazu geschrieben. Ich fand Deine grafische Übersicht recht gut gemacht. Hast Du dafür ein spezielles Programm verwendet?
Viele Grüße
Jay
Hey Jay,
für meine Header und Grafiken benutze ich immer Canva.com. Da kann man sich unkompliziert anmelden und kostenfrei auf Vorlagen und Stockbilder zugreifen sowie eigene Designs kreieren. Gerade wenn man Laie ist (wie ich), das selten braucht und kein Geld für ein teures Programm ausgeben möchte, kann ich das sehr empfehlen!
Liebe Grüße
Sophia
Hallo Sophia,
vielen Dank. Ich werde mir das mal ansehen. Deine Übersicht hat mir wirklich gut gefallen. Als Lehrer sehr ich solche Visualisierungen ja immer auch nochmal mit anderen Augen. 🙂
Liebe Grüße
Jay