Der junge Elias lebt seit fünfeinhalb Jahren in Wohnheimen für gemeindenahe Psychiatrie. Er hat die Diagnose Asperger-Syndrom und steht jeglichen Veränderungen ängstlich und grundsätzlich ablehnend gegenüber. Daher erfüllt es ihn eher mit Widerwillen, dass er nun in eine eigene Wohnung ziehen soll, in das Dachgeschoss eines Fünfparteienhauses. Hier geht es ihm anfänglich nur darum, möglichst seine Ruhe zu haben und seinen streng strukturierten Tagesablauf einzuhalten.
Dieser besteht aus einer sechsstündigen E-Gitarren-Einheit, dem Konsum von Death-Metal-Alben, dem Schauen von Filmen und genau getimten Mahlzeiten und Zigarettenpausen. Nach und nach werden jedoch die übrigen Hausbewohner auf ihn aufmerksam, und er kommt immer mehr in sozialen Kontakt, vor allem zu dem extrovertierten Endfünfziger Willi. Und plötzlich steht er vor ganz neuen Herausforderungen – Soll er es wagen, einer richtigen Band vorzuspielen? Die hübsche Kellnerin vom Café Auberge nach einer Verabredung zu fragen? Vielleicht hat Willi ja recht mit der „goldenen Ananas“… (Klappentext)
Titel: Die goldene Ananas Autor: Dennis Kornblum Verlag: Tredition Seitenzahl: 580 Genre: Roman Alter: 16+ Erste Aufl.: 08. Dezember 2020 Ausgaben: Hardcover, Taschenbuch, E-Book ISBN: 978-3347122109 (TB) Sonstiges: —
Über den Autor von Die goldene Ananas
Dennis Kornblum wurde am 03. November 1980 in Frechen (NRW) geboren. Schon in seiner Kindheit und Jugend begann er Romane zu schreiben, von denen sein erster 2001 fertiggestellt wurde. Er studierte zunächst Psychologie. Im Jahr 2007 erhielt Dennis Kornblum die Diagnose Asperger-Syndrom und lebte ab diesem Zeitpunkt für neun Jahre in einem Langzeitwohnheim bis er schließlich 2016 in eine eigene Wohnung in Bonn-Bad Godesberg zog. Im Frühjahr 2019 ließ er seine Leidenschaft für Literatur und das Schreiben wiederaufleben und begann Die goldene Ananas zu schreiben. In dem Buch verarbeitet Dennis Kornblum seine sozialen Kontaktschwierigkeiten, sowie seine Lebensführung mit Asperger-Syndrom und gibt seinen Lesern einen detaillierten Einblick in seine Gedanken und Gefühlswelt. Dennis Kornblum lebt und schreibt in Bonn.
Meine Meinung zu Die goldene Ananas von Dennis Kornblum
Als Dennis Kornblum mich im Februar 2021 anschrieb und mich fragte, ob ich seinen Roman Die goldene Ananas gerne lesen würde, habe ich wegen des doch recht großen Umfangs von 580 Seiten zunächst etwas gezögert. Aus Erfahrung nehme ich nur ungern Bücher junger Autoren an, die weit über 400 Seiten hinaus gehen, weil sie mir oftmals zu viele Längen aufweisen und ich mich dann manchmal nicht mehr aufraffen kann sie zu beenden. Dennoch habe ich zugesagt Die goldene Ananas zu lesen, weil mich die Thematik so brennend interessierte. Natürlich hatte ich schon vom Asperger-Syndrom gehört, mich allerdings noch nicht näher damit befasst. Wer könnte also besser geeignet sein Einblick ins Thema zu geben, als ein Autor mit dieser Diagnose? Lest, wie mir das Buch gefallen hat.
Detaillierte Einblicke in eine andere Lebens- und Gefühlswelt
In Die goldene Ananas arbeitet der Autor Dennis Kornblum seine eigene Krankheitsgeschichte auf und vermittelt damit seinen Lesern einen guten Eindruck, wie Menschen mit Asperger-Syndrom „ticken“. Mich hat schon fasziniert, wie der Hauptcharakter Elias Bach seinen Tagesablauf strukturiert, wie er aus seiner Perspektive erzählt, was ihm wichtig ist, was ihn nervt und wie er oftmals selbst mit sich und seinen Gefühlen kämpft, wenn die Dinge wieder einmal nicht so laufen, wie er sie für sich geplant hat. Sein Tagesablauf ist äußerst und bis auf die Minute genau strukturiert, mit zeitlichen Abweichungen oder Veränderungen in der Reihenfolge seiner Liste kommt er zunächst nur schwer klar. Allerdings bessert sich das im Laufe der Handlung und Elias wird ein ganzes Stück flexibler, was seinen täglichen Rhythmus angeht. Mich faszinierte, ebenso wie seine Mitbewohner im Haus, mit welcher Konsequenz er die Dinge angeht, die ihm wichtig sind im Leben, zum Beispiel täglich sechs Stunden E-Gitarre zu üben oder nur in bestimmten zeitlichen Abständen zu rauchen und dabei eine halbe Tasse Kaffee zu trinken. Diese engen Strukturen geben Elias zum einen Halt, zum anderen belasten sie aber auch jede zwischenmenschliche Beziehung, die sich anbahnen könnte und in dieser Hinsicht tut sich in dem Buch so einiges.
Es gibt gleich mehrere interessante Charaktere
Im Zentrum der Handlung steht natürlich Elias, denn aus seiner Sicht wird die Geschichte erzählt. Allerdings gibt es nebenher noch eine ganze Reihe anderer interessanter Charaktere, über die man gerne liest – die anderen Mieter des Hauses, in das Elias gezogen ist. Schon bald zeigt sich, dass Elias nicht so einfach vor sich hin leben kann, denn seine Nachbarn sprechen mit ihm und beziehen ihn (für ihn manchmal unfreiwillig) in ihr Leben mit ein. Da ist zum einen der Willi aus der Wohnung im Erdgeschoss, der sich schnell mit Elias anfreundet, immer hilfsbereit ist und auch nicht mit gutgemeinten Ratschlägen spart. Oder Joe aus dem ersten Stock, der professionelle Bodybuilder mit dem großen Ziel seinen nächsten Wettkampf zu gewinnen, oder die alleinerziehende Aziza mit ihrer kleinen Tochter Mara, die bald in Elias‘ Leben einen Platz einnehmen soll. Nicht zu vergessen der griesgrämige Herr Ingelheim, den niemand so recht leiden kann und den ich für einen der interessantesten Charaktere des Buches halte. All diese Menschen (und manche mehr) drängen sich mehr weniger vorsichtig in Elias‘ Leben und verändern es in kleinen Schritten, was ich sehr spannend fand. Doch auch Elias hat nach und nach einen wachsenden Einfluss auf das Leben der anderen. Es ist ihm immer weniger egal, was seine Nachbarn tun und er ist bemüht zu helfen, wenn er Probleme erkennt. Ich fand gerade diese Charakterbeziehungen sehr interessant beschrieben. Ich wollte schließlich nicht mehr nur wissen, wie es mit Elias ausgeht, sondern war auch gespannt auf die Entwicklung der anderen Lebensentwürfe in Elias‘ Umfeld.
Langatmig und doch wieder nicht
Als ich die ersten paar hundert Seiten gelesen hatte, dachte ich bisweilen „Kommt da noch etwas Neues?“. Die sich ständig wiederholenden Tagesabläufe und Beschreibungen vor allem am Anfang können schon etwas langatmig sein. Die Beschreibung der Wiederholung soll wohl auch die feste Struktur verdeutlichen, in die sich Elias selbst zwingt, ist also ein Teil des Asperger-Syndroms. Interessant wird es jedoch ab dem Zeitpunkt, als Elias immer wieder aus seiner festen Struktur ausbrechen muss. Zum einen, weil andere ständig etwas von ihm wollen, aber auch weil er das alles sonst nicht schafft, was er sich vorgenommen hat. Der Tag hat ja nur 24 Stunden. Hin und wieder ist das auch ganz amüsant (zum Beispiel der unerwartete Besuch der „Prinzessin“ – mehr sag ich nicht). Die Spannung im Buch entsteht insbesondere durch die Veränderungen in Elias‘ Leben, die ihn zum Teil auch belasten und ebenso durch die Lebensumstände seiner Mitbewohner im Haus. Vielleicht hätte man die Handlung an der einen oder anderen Stelle etwas straffen können, aber je mehr ich darüber nachdenke glaube ich, dass es gut ist, wie es ist. Der Schluss kommt dann trotzdem recht schnell und stellte mich als Leser zufrieden.
Mein Fazit zu Die goldene Ananas
Die goldene Ananas von Dennis Kornblum ist ein interessant geschriebener Roman, der mir gute Einblicke in die Lebens- und Gefühlswelt eines Menschen mit Asperger-Syndrom vermitteln konnte. Das Buch ist sehr authentisch, weil der Autor selbst diese Diagnose erhalten hat und somit aus erster Hand über sein Leben erzählt und wie es durch den „Autismus light“ beeinflusst wird. Das Buch ist mit 580 Seiten relativ umfangreich, dennoch ist es schön zu lesen, weil es nicht nur um den Protagonisten Elias Bach alleine geht, sondern auch um die kleinen und großen Probleme seiner Mitbewohner im Haus. Ich kann das Buch allen empfehlen, die mehr über Asperger wissen möchten.
Mein Dank geht an dieser Stelle an Dennis Kornblum und Tredition für das freundlich zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar von Die goldene Ananas.
Hallo Jay!
Tolle Rezension! Danke für den Einblick. 🙂
Herr Ingelheim fand ich auch sehr interessant.
Liebe Grüße
Diana
Hört sich interessant an! Ich bin selbst „Aspie“ 🙂
Das Buch kommt auf meine Liste.
Hallo Christine,
schreib mir mal einen Kommentar, wie es Dir gefallen hat, wenn Du es mal gelesen hast. Mich würde Deine Meinung dazu schon interessieren.
Liebe Grüße
Jay