Es ist das größte und gefährlichste Geheimnis des Landes: Vor vielen Tausend Jahren brachten der sagenumwobene Held Damar und die Zauberin Ililiané einen Erzdämon zur Strecke und bannten ihn in eine Schriftrolle. Seither liegt die Schriftrolle tief unter der Burg Neraval, ohne dass sie je ein Mensch zu sehen bekommt oder sie gar berühren kann – streng bewacht von den steinernen Wächtern. Doch unter den wenigen, die von der Schriftrolle wissen, gibt es einen schrecklichen Verdacht: Wurde das Siegel der Rolle gebrochen? Ist der Dämon entwichen?
Ein ebenso genialer wie fauler Fälscher namens Kev Kaltnadel erhält vom König den Auftrag der Sache nachzugehen und entdeckt dabei ein Geheimnis, das nicht nur die Burg und Stadt Neraval, sondern das gesamte Land in größter Gefahr zu bringen scheint. Zusammen mit Tymur, dem jüngsten Prinzen des Reiches, dem steinernen Wächter Lorcan und der Zauberin Enidin begibt sich Kev auf eine gefährliche Reise, deren Ausgang über das Schicksal der gesamten Menschheit entscheiden kann.
Titel: Das gefälschte Siegel Autorin: Maja Ilisch Verlag: Hobbit Presse/Klett-Cotta Seitenzahl: 486 Genre: Fantasy Alter: 14+ Erste Aufl.: 23. Februar 2019 Reihe: Die Neraval Sage, #1 Ausgaben: Hardcover, E-Book, Hörbuch ISBN: 978-3608960303 (HC) Folgeband: Das gefälschte Herz, Die Neraval Sage, #2 Sonstiges: Nachbemerkung des Autors
Über die Autorin von Das gefälschte Siegel
Maja Ilisch, geboren 1975 in Dortmund, arbeitet nach mehreren Stationen in Buchhandel, Verlags- und Bibliothekswesen heute als freie Autorin. Neben dem Schreiben betreibt sie das Fantasy-Autorenforum »Tintenzirkel«. Sie lebt mit ihrem Mann und mehr als zehntausend Büchern in einem alten Haus in der Nähe von Aachen. Mit der »Neraval-Sage« legt sie 2019 ihr High-Fantasy-Debüt vor. Die Fortsetzungen der Trilogie heißen Das gefälschte Herz (März 2020) und Das gefälschte Land (März 2022). (Quelle: Hobbit Presse/Klett-Cotta)
Meine Meinung zu Das gefälschte Siegel
Mit Das gefälschte Siegel stellt die Dortmunder Autorin Maja Ilisch 2019 ihr High-Fantasy-Debüt vor. Vom Rahmen her unterscheidet sich die Handlung nicht wesentlich von der Handlung anderer Fantasy-Werke. Eine Gruppe von mehr oder weniger ungleichen Charakteren begibt sich auf eine Queste (abenteuerliche Suche), um die Welt vor einem drohenden Untergang zu bewahren. So weit, so gut. Ob der Untergang der Menschheit nun wirklich droht, wird in Maja Ilischs Fantasyroman zunächst nicht so offenkundig, denn schließlich sind sich die Protagonisten selbst nicht so sicher, ob ihr Land in Gefahr schwebt. Zwar gibt es für die Helden und den Leser Anzeichen dafür, dass irgendetwas im Argen liegen könnte, aber erst die gefahrenvolle Queste in ein fernes Land voller Mythen und Legenden soll hierüber Aufschluss bringen. Maja Ilisch lässt also ihre Leser zunächst einmal im Dunkeln und man rätselt über die Dauer der Handlung hinweg, zu welchem Ergebnis denn die Reise kommen wird. Diese Unklarheit und der offene Ausgang hat mir gefallen. Allerdings konnte mich der Roman ein vielen anderen Aspekten nicht so recht überzeugen.
Die Protagonisten sind sich selbst nicht grün
Sicherlich steht und fällt die Handlung eines Buches mit den Protagonisten und ihren Charaktereigenschaften. Dass eine Gruppe von Abenteurern mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen und auf dem Weg in ein fernes Land nicht immer harmonisch ist und es dabei immer wieder auch zu Reibereien kommen kann, gibt der Geschichte oftmals auch noch einen zusätzlichen Kick. Insgesamt sollte man als Leser jedoch schon den Eindruck gewinnen, dass die Gruppe ein gemeinsames Ziel verfolgt und sich die Mitglieder auch gegenseitig akzeptieren. Leider hatte ich diesen Eindruck in Das gefälschte Siegel nicht. So lassen die vier Reisenden eigentlich kaum eine Gelegenheit aus, den anderen ihre Abneigung zu zeigen. Der „faule“ Fälscher Kev, dem das Leben hart mitgespielt hat und der nicht zuletzt deswegen auch dem Alkohol und anderen Drogen zuspricht, ist dabei noch die bedauernswerteste Person der Gruppe. Doch statt seine Situation zu hinterfragen, sehen die anderen eigentlich nur auf ihn herab. Dass er sich hingegen nicht darum gerissen hat an der Queste teilzunehmen, bleibt dabei Nebensache. Die arrogante Zauberin Enidin, die so von sich eingenommen ist und es nicht lassen kann, den anderen ihre Fehler immer wieder vorzuführen und ihnen zu zeigen, dass sie eigentlich unter ihr stehen (abgesehen von Prinz Tymur, dem sie zugeneigt ist), trägt auch nicht gerade zur Harmonie in der Gruppe bei. Lorcan, der steinerne Wächter, braucht außer seinen Prinzen sowieso niemanden sonst in der Gruppe und Prinz Tymur, der eigentlich eine zentrale Figur in der Handlung ist, tut alles andere, als die Gruppe zusammenzuhalten. Zwar erzählt er immer wieder, wie wichtig sie alle für den Erfolg der Queste sind, was ihn jedoch nicht davon abhält immer mal wieder zu betonen, dass er nur allzu bereit ist sie alle „für die gute Sache“ zu opfern, wenn es denn sein muss. Fürwahr ein toller Anführer. Überhaupt ging mir Prinz Tymurs bisweilen kindliches, rücksichtsloses und eigenwilliges Getue mit der Zeit gehörig auf die Nerven. Nicht nur, dass er dadurch die ganze Gruppe immer wieder in Gefahr bringt, er macht das auch noch den anderen zum Vorwurf, wenn es nicht so läuft, wie er sich das vorstellt.
Die unharmonische Heldengruppe (um bei dem Ausdruck aus Pen-and-Paper-Rollenspielen zu bleiben) machte es mir als Leser sehr schwer einen Draht zu ihnen zu finden. Am sympathischsten fand ich, trotz aller Fehler, immer noch den Fälscher Kev, was wohl auch an seiner Hintergrundgeschichte lag. Der Rest der Gruppe war mir beim Lesen so ziemlich egal.
Eine viel zu oberflächliche Welt
Einen weiteren Punkt, den ich hier kritisieren möchte, ist der Aufbau der Welt. Als Leser erfährt man hierzu viel zu wenig. Zwar gibt es abschnittsweise immer wieder Versuche eine entsprechende Atmosphäre aufzubauen (zum Beispiel im mystischen Anderwald), allerdings gelang es der Autorin damit nicht, mich wirklich in den Bann zu ziehen. Es gibt kaum Informationen über Neraval (Burg, Stadt, Land) und auch die Nebencharaktere und -schauplätze bleiben oberflächlich und farblos. Doch gerade der Handlungsrahmen der Queste bietet eigentlich so viele Möglichkeiten eine plastische, lebensnahe Welt zu erschaffen und zu beschreiben, zumal es ja auch in ferne Regionen geht, die weder die Abenteurer, noch die Leser jemals gesehen haben. Hier wurde leider viel zu viel verpasst. Stattdessen liegt der Fokus der Erzählung auf der Gedankenwelt der Protagonisten und wie sehr sie sich gegenseitig mögen (oder auch nicht mögen). Das wird dann in epischer Breite ausgewalzt und dabei leider der ganze Rest vergessen, nämlich einer weitgehend farblosen Welt etwas mehr Leben einzuhauchen. Das Treffen mit den sagenumwobenen Alfeyn (elfenähnlichen Wesen) in ihrer prachtvollen Stadt, die man seit tausenden von Jahren nicht mehr gesehen hat, wirkt leider ebenfalls zu konstruiert und wenig mystisch. Über das geheimnisvolle Volk wird nur sehr wenig erzählt und damit geht auch hier viel von der anfänglichen Faszination für das Ziel der Reise verloren, die man zu Beginn des Buches noch hatte.
Ein Cliffhanger am Ende
Wenig ansprechend und überraschend fand ich die Entwicklung am Ende des Buches. Natürlich wollte ich wissen, wie dieser erste Band der Trilogie endet, fand die Lösung jedoch relativ unspektakulär und auch, wie schon einige Passagen zuvor, etwas aufgesetzt und konstruiert. Was ich der Autorin jedoch zugutehalten kann, ist das wirklich überraschende Ende. Ein Cliffhanger, wie er besser fast nicht sein könnte. Wem das Buch gefallen hat, der wird sicher auch nicht umhinkommen, die Fortsetzung zu lesen.
Mein Fazit zu Das gefälschte Siegel
Eigentlich finde ich die ganze Idee mit dem Dämonen in der Schriftrolle, den steinernen Wächtern und der Queste wirklich gut. Leider hat mir die Umsetzung nicht sonderlich zugesagt. Ich musste mich nicht durch das Buch quälen, jedoch hatte ich auch nicht das Bedürfnis, es in einem Zug lesen zu müssen. Zu unsympathisch war mir das Zusammenspiel der Charaktere, die mich (abgesehen von Kev) nicht so recht überzeugen konnten. Der Aufbau der Welt war mir zu oberflächlich und wenig mitreißend. Hier hätte ich mir noch mehr Beschreibung gewünscht, um tiefer in die Handlung eintauchen zu können. Etwas mehr Farbe täte Neraval und auch seinen vielen Bewohnern sicherlich gut. Ich bin mir noch nicht schlüssig, ob ich den zweiten und dritten Teil noch lesen möchte, habe jedoch auch schon weitaus schlechtere Fantasy gelesen. Gut gelungen ist die hochwertige Hardcoverausgabe des Buches und auch der Umschlag gefällt mir. Hier hat Hobbit Presse/Klett-Cotta gute Arbeit geleistet.
Hallo Jay,
da wir selten in der Beurteilung von Büchern übereinstimmen, habe ich mir den Titel bestellt.
Was Dir nicht gefällt, könnte mir zusagen :-).
Viele Grüße
Wolfram
Hallo Wolfram,
ja, könnte sein. Allerdings würde ich das so pauschal nicht sagen. 🙂
Viele Grüße
Jay