19. März 2024

Wolfsbruder von Michelle Paver

Michelle Paver: Wolfsbruder, cbj Verlag, 2005.

Als die Wälder noch dunkel waren …

Zwölf Sommer lang hat Torak mit seinem Vater in den Wäldern verborgen gelebt. Nun ist der Vater tot, ermordet von einem Bären, in dem sich alle dunklen Mächte vereinen, und Torak ist zum ersten Mal in seinem Leben allein. Sein einziger Gefährte ist ein junger Wolf, elternlos und halb verhungert wie er – bis er das Mädchen Renn kennenlernt, welche die beiden fortan begleitet. Doch der Hunger und die Jäger des Rabenclans sind die geringsten Gefahren, die Torak fürchten muss! Denn zwischen den flüsternden Bäumen wartet ein Wesen auf ihn, schrecklicher und bösartiger als es ein Mensch je gesehen hat, und Torak allein kann es besiegen …

Titel: Wolfsbruder (Wolf Brother) Autorin: Michelle Paver Verlag: cbj (Orion Children’s Books) Seitenzahl: 288 Genre: Kinder- und Jugendbuch Alter: 10+ Erste Aufl.: 01. Februar 2005 (27. Mai 2004 in UK) Reihe: Chronik der dunklen Wälder, #1 Ausgaben: Hardcover, Taschenbuch ISBN: ‎978-3570129050 (HC) Sonstiges: Karte, Nachwort Folgeband: Torak – Wanderer zwischen den Welten (Chronik der dunklen Wälder, #2)

Über die Autorin von Wolfsbruder

Fotoquelle: Wikipedia

Michelle Paver wurde am 7. September 1960 in Nyasaland (heute Malawi) in Zentralafrika geboren. Ihre Mutter war Belgierin, ihr Vater aus Südafrika. Michelle zog im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Wimbledon in England und ging dort später auch zur Schule. Nach dem Studium der Biochemie, welches sie exzellent abschloss, arbeitete sie zunächst als Patentanwältin in einer Kanzlei in London. Im Jahr 1996 starb jedoch ihr Vater, woraufhin sie sich eine einjährige Auszeit nahm, um durch Frankreich und die USA zu reisen. Während dieser Zeit schrieb sie ihr erstes Buch mit dem Titel Without Charity, das schließlich im Jahr 2000 veröffentlicht wurde.

Kurz nach ihrer Rückkehr nach London, kündigte sie ihre Stelle, um sich vollends auf das Schreiben zu konzentrieren. 2004 erschien der erste Band ihrer Reihe Chronicles of Ancient Darkness (Chronik der dunklen Wälder) unter dem Titel Wolf Brother. Der sechste Teil dieser Reihe, Ghost Hunter, wurde 2009 mit dem „Guardians Children’s Fiction Prize“ ausgezeichnet. Die Bücher der gesamten Reihe verkauften sich bisher über drei Millionen mal. 2010 wurde zudem ihr Geisterroman Dark Matter für den „Shirley Jackson Award“ in der Kategorie „bester Roman“ nominiert. Michelle Paver lebt und schreibt als freie Autorin in Wimbledon. (Quelle: Wikipedia)

Meine Meinung zu Wolfsbruder

Auf Wolfsbruder aufmerksam geworden bin ich durch eine Empfehlung in meinem Beitrag Gute Fantasybücher – Eure Lesetipps hier im Blog. Dort sammle ich Eure Empfehlungen zu Fantasy-Büchern, die ich und andere dringend noch lesen sollten. Da ich sehr gerne auch mal Kinder- und Jugendbücher lese (sie sind sowas wie meine heimliche Liebe), habe ich Wolfsbruder bestellt und gelesen. Mich reizte vor allem der Ort und die Zeit der Handlung des Romans, der in der Jungsteinzeit in den dichten Wäldern des Nordens spielt. Zwischen 2005 und 2010 sind die ersten sechs Bücher der Reihe beim cbj Verlag erschienen und werden aktuell leider nicht mehr aufgelegt. Allerdings sind sie für wenig Geld gut antiquarisch zu bekommen (und sie sind es wert). Auf Englisch kann man sie natürlich auch noch kaufen und es sind da sogar insgesamt neun Bücher. Der neunte Band mit dem Titel Wolfs Bane erschien am 1. Mai 2022.

Eine faszinierende Welt, bildhaft beschrieben

Wie ich oben bereits erwähnt habe, hat mich die Fantasywelt von Michelle Paver sehr fasziniert. Romane, die in der Steinzeit spielen, gab es auch schon vorher. Allerdings sind mir keine Kinderbücher in dieser Zeit bekannt. Obwohl es sich um Fantasy handelt, bemüht sich die Autorin um eine ansprechende, glaubwürdige Beschreibung. Mythen, Legenden, Magie, Geister und Schamanentum spielen eine wichtige Rolle im Buch und lassen die Geschichte und die dunkle Zeit lebendig werden. Mir hat das sehr gut gefallen, weil es zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt wirkte. Man hatte beim Lesen immer das Gefühl, Michelle Paver schreibt keine erdachte Geschichte. Tatsächlich könnte es sich damals vor 6.000 Jahren genau so zugetragen haben.

Was mir schon auf den ersten Seiten auffiel und was sehr zur Atmosphäre im Buch beitrug, war die bildhafte, fast schon poetische Sprache. Das liegt nicht zuletzt an der wunderbaren Übersetzung von Katharina Orgaß und Gerald Jung ins Deutsche, die wirklich eine gute Arbeit ablieferten. Man kann richtig eintauchen in die Welt. So, als würde man mit Torak und seinem Wolf durch die tiefen Wälder streifen. Was mehr kann man da noch erwarten?

Der Wald war noch nie so schön gewesen wie an diesem hellen, klaren Morgen. Rote Ebereschen und goldene Birken loderten wie Flammen im dunkelgrünen Fichtengehölz. In den Blaubeerbüschen glitzerten unzählige, winzige, von Frost überzogene Spinnweben, gefrorenes Moos knirschte unter ihren Füßen. Ein paar neugierige Elstern folgte ihnen zeternd von Baum zu Baum.

Michelle Paver: Wolfsbruder, Seite 144

Torak muss auf seiner Reise ein uraltes Rätsel, bestehend aus drei Teilen, lösen, um damit das Böse zu besiegen. Mein einziger Kritikpunkt daran ist, dass der Junge meist mehr oder weniger zufällig über die Lösungen stolpert. Er hat nicht allzu lange suchen und nachdenken müssen. Das fand ich ein wenig schade, weil man da sicher noch mehr hätte herausholen können. Auch die eine oder andere Frage, die ich hatte, wurde nicht umfassend geklärt, was aber letztendlich kein Problem darstellt. Vielleicht erfährt man in den Folgebänden noch mehr dazu.

Sympathische und gut ausgearbeitete Charaktere

Michelle Paver: Wolf Brother, UK-Hardcover, Orion Children's Books

Eine gute Geschichte steht und fällt bei mir auch immer mit den Charakteren. Mir ist wichtig, dass ich schnell einen Draht zu ihnen finden kann. Zumindest sollte mich ihr Charakter interessieren und nicht ganz gleichgültig sein. Michelle Paver ist das hier gut gelungen. Protagonist ist der zwölf Sommer alte Torak, der schon auf den ersten Seiten seinen Vater im Kampf gegen einen dämonischen Bären verliert. Ganz auf sich allein gestellt, muss er die dunklen Wälder des Nordens durchqueren, um den geheimnisvollen Berg des Weltgeistes zu finden. Das hat er seinem sterbenden Vater geschworen. Dort kann er das Böse vernichten und die Menschen der anderen Clans retten.

Die Reise ist genauso gefährlich, wie es klingt, zumal Torak in seinem jungen Alter noch recht unerfahren in der Kunst des Überlebens ist. Auf sich allein gestellt, muss er so mancher Gefahr trotzen und wächst daran. Mir hat das gut gefallen und ich habe Torak gerne durch die Wälder begleitet. Schon bald schließt sich dem Jungen ein junger Wolf an und auch die gleichaltrige Renn, ein Mädchen aus dem Rabenclan, hilft ihm. Renn ist eine starke Persönlichkeit, die weiß, was sie will und sie ist Torak eine echte Freundin.

Mir hat gut gefallen, wie Michelle Paver ihre jungen Protagonisten über die Kapitel hinweg langsam weiter entwickelt. Dabei verlieren die beiden jedoch nicht ihren kindlichen Charakter. Torak muss noch so viel lernen, obwohl ihm sein Vater schon viel beibrachte. Renn steht ihm bei und wird Torak eine gute Freundin. Beide Charaktere fand ich vielschichtig und durchaus glaubwürdig. Ich bin schon jetzt gespannt, wie sie sich in den Folgebänden noch entwickeln werden.

Die Spannung in Wolfsbruder kommt mit dem Lesen

Da Wolfsbruder in erster Linie ein Kinderbuch ist, kommt es mit wenig Gewalt aus. Das ist auch gut so, denn die Spannung kommt mit dem Lesen. Da man schon zu Beginn weiß, welches Ziel Torak zu erreichen hat, ist vor allem interessant, wie er seinen Weg dorthin meistert. Auch das Verhältnis zu seinem Wolf (er nennt ihn einfach nur „Wolf“) und zu Renn machen einen guten Teil der Spannung aus. Man möchte einfach wissen, wie es weiter und zu Ende geht. Michelle Paver erzählt mit einer Leichtigkeit, die ich mir für Bücher aus dem Genre wünsche. Die bildhafte Sprache trägt ihr Übriges zur Stimmung bei.

Mein Fazit zu Wolfsbruder

4.5 von 5 Sternen „Toll geschrieben.“

Wolfsbruder ist einmal wieder ein Roman, den ich als Kind ganz bestimmt gerne gelesen hätte. Nicht nur die steinzeitliche Welt ist detailliert und ansprechend umgesetzt, auch die Charaktere sind sympathisch. Man kann der Geschichte gut folgen und sie ist wirklich von Beginn an spannend. Was mehr kann man erwarten? Die Alterseinstufung zwischen 10 und 12 Jahren ist passend, wobei auch noch jüngere Leserinnen und Leser ihre Freude daran haben können. Ich habe bereits Band 2 und 3 im Regal stehen und werde sicher auch den Rest der Reihe noch lesen. Einziger Wermutstropfen: Es gibt die Bücher nicht mehr im regulären Buchhandel, sondern nur noch gebraucht. Ich hoffe aber, dass es irgendwann eine Neuauflage geben wird. Leseempfehlung!

Jay

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