Der Antagonist (griech. ανταγωνιστής – „Gegenspieler“) in Drama und Prosa ist der hauptsächliche Gegner des Protagonisten und diejenige Kraft der Erzählung, die sein Handeln behindert. Die Rolle des Antagonisten besteht ganz allgemein darin, dem Protagonisten Schaden zuzufügen und seine Handlungsabsichten zu durchkreuzen.
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Ich denke, man sollte sich von der weit verbreiteten Vorstellung verabschieden, dass Antagonisten per se immer schlecht beziehungsweise böse sein müssen, nur weil sie als Gegenspieler der Protagonisten definiert sind. Oder andersherum: Wer sagt denn, dass Protagonisten immer zu den „Guten“ gehören? Sie können ebenso gut „Antihelden“ sein, also Hauptcharaktere mit gravierenden Schwächen. Es sind nicht immer die strahlenden Ritter, die die Herzen der Leser und Filmegucker erobern, sondern oft auch Protagonisten mit Ecken und Kanten. Das beste Beispiel an dieser Stelle: Tyrion Lannister aus George R. R. Martins Das Lied von Eis und Feuer (Serienfans besser bekannt als Game of Thrones). Tyrion entwickelt sich von einem vermuteten Antagonisten zum Protagonisten, trotz seiner Schwächen, und gehört neben Jon Snow zu den beliebtesten Charakteren der Reihe. Die Bezeichnungen Antagonist und Protagonist sollte man daher nicht zwingend an den Adjektiven gut oder böse festmachen, sondern eher als Spieler und Gegenspieler sehen.
Sind Antagonisten manchmal die besseren Helden?
Jetzt zur Frage, ob ich Antagonisten manchmal mehr mag, als die Protagonisten, ja klar! Ich mag die Charaktere am liebsten, die mich am ehesten überzeugen können, die Stärken und Schwächen haben und nicht makellos und aalglatt sind. Ihnen sollte neben genügend Charaktertiefe auch eine gewisse Genialität anhaften, die mich für die Person einnimmt. Ob sie nun gut oder böse ist, ist dabei egal. Als gutes Beispiel fällt mir an dieser Stelle gerade nur ein Film ein: „Der Schakal“ in der Verfilmung mit Bruce Willis aus dem Jahr 1997. Ist der Profikiller nun ein Protagonist oder ein Antagonist? Der Schakal ist nicht böse, er führt nur einen Auftrag aus, aber er ist ein Gegenspieler der Polizeibehörden. Nach Definition mehr ein Antagonist will es scheinen… Schade, dass sein Anschlag auf den US-Präsidenten schiefgeht und er zum Schluss ums Leben kommt. Ich mochte ihn und er hätte es verdient, als Sieger aus dem Katz-und-Maus-Spiel hervorzugehen, weil er einfach genial ist. Er ist der Polizei fast immer einen Schritt voraus. Er ist clever und skrupellos und ein würdiger Gegner. Die Polizei, im Beispiel allen voran Richard Gere, wirkt im Vergleich hilflos und blass, geradezu langweilig. In den Büchern sehe ich das ähnlich. Nur wer überzeugt, kann meine Gunst als Leser bekommen, und wenn der Protagonist (oder die Protagonistin) eben geistig unbewaffnet daherkommen, farblos sind und mich durch ihr Tun nicht überzeugen können, dann hinweg mit ihnen und möge der Antagonist am Schluss in den Sonnenuntergang reiten. Ich gönne es ihm beziehungsweise ihr von ganzem Herzen.
Hallo Jay
deine Ausführungen finde ich toll. Du hast vollkommen recht, das es darauf ankommt wie ein Charakter dargestellt wird und nicht ob er gut oder böse ist. ich würde Tyrion wohl eher als Protagonisten beschreiben, obwohl ich das bei der Reihe sehr schwierig finde, es gibt so viel Charakter und so viel Sichtweisen, dass es meiner Meinung nach gar nicht eindeutig ist wer Antagonist und wer Protagonist ist. Aber das macht für mich den Reiz der Reihe auch erst aus.
Liebe Grüße
Yannah
Hallo Yannah,
du hast natürlich ganz recht, dass es beim Lied von Eis und Feuer sehr schwierig ist eine konkrete Einteilung zu treffen. Deswegen ist die Reihe woll auch so erfolgreich, weil man nie genau weiß, wohin sich das Blatt wendet.
Liebe Grüße
Jay
Huhu!
Diese Frage stellt sich mir auch immer mal wieder – wann ist wer der Protagonist oder Antagonist? Ist das immer so klar definiert.
Meistens ist es bei meiner Lektüre aber doch sehr deutlich und meistens schlag ich mich auch auf Seiten der Guten, einfach, weil man einen Serienmörder o.ä. nicht mögen kann (und auch nicht will!).
Aber da muss man vielleicht auch ein wenig die Lektüre anschauen – bei Liebesromanen kann ein ‚Antagonist‘ ja ganz herzig sein…
Liebe Grüße,
Linda
Huhu Linda,
du hast recht, wobei ein Serienmörder schon ein krasses Beispiel ist. Es gibt aber sehr wohl auch „böse“ Antagonisten, die man mögen kann. Es kommt halt immer auch darauf an, denke ich, wie man sich selbst in seinen Charakter hineinversetzen kann und wie vielschichtig er vom Autor beschrieben wird.
Liebe Grüße
Jay
Weiteres klassisches Beispiel für einen „bösen“ Protagonisten, den man ja eigentlich nicht mögen sollte: Dexter Morgan 😉
Nach den interessanten Diskussionen zu dieser Frage ist mir klar geworden, dass ‚Antagonisten‘ / ‚Protagonisten‘ (Wörter, die ich übrigens nicht mag) Schubladen sind, in die man Personen ungerechtfertigterweise steckt. Und auch das Wort ‚mögen‘ hat Diskussionen ausgelöst, so dass mir inzwischen klar geworden ist, dass es gar nicht darum geht, sondern um ‚interessant finden‘, weil vielschichtig.
LG, Ingrid
Hallo Ingrid,
ich sehe diese beiden Begriffe eher nicht als Schubladen, sondern das Problem eher in der Definition der Begriffe. Ein Protagonist ist nicht zwingend immer gut, genau so wenig wie ein Antagonist immer ein Bösewicht ist. Die Schubladen heißen eher „gut“ und „böse“. Gute Autoren schaffen es ihre Personen in keine dieser Schubladen zu stecken, sondern vielschichtig zu gestalten und das ist für mich dann sehr faszinierend.
LG
Jay
Ich habe auch Das Lied von Eis und Feuer als Beispiel genannt und hatte dabei Tyrion im Kopf. Ich mag ihn auch echt gerne, obwohl man gerade am Anfang ja das Bild des „Bösen“ im Kopf hatte. Ich bin noch längst nicht durch mit der Reihe, aber es ist ja so, dass viele Charakteren gerne mal die Seiten wechseln und man nie weiß, wer nun gute und wer schlechte Absichten hat. Das finde ich total interessant und in den meisten Büchern werden mir die Figuren viel zu eindeutig auf die „gut“ oder „böse“ Seite geschoben und nichts hinterfragt.
Liebe Grüße!
Huhu Jacquy,
im Lied von Eis und Feuer ist es extrem. Da verwischt die Grenze zwischen gut und böse recht schnell. Ich denke, dass Tyrion eigentlich nie ein Antagonist war. Bei Jaime Lannister ändert sich der Charakter mit den Bänden auch, nur um mal ein weiteres Beispiel zu nennen.
LG
Jay
Stimmt schon, aber durch seine Familie hab ich ihn direkt in diese Schublade gesteckt, auch wenn sein Verhalten dazu eigentlich nicht passt. Das wurde mir aber auch erst nach einer Zeit klar. Momentan bin ich fast am Ende von Band 3 (im Original), aber bei Jaime ist das sehr deutlich, stimmt.
Hallo,
meiner Meinung nach stellt sich beim Mögen einer Figur nicht die Frage, ob es sich um einen Antagonisten oder einen Protagonisten handelt, sondern eher wie lebendig und authentisch ist die Figur. Meine ausführliche Antwort findest du auf vielleserin.de.
Viele Grüße,
Marie
Hallo Marie,
ganz richtig. Ich unterschreibe das.
LG
Jay
Huhu,
ja, ich denke auch, dass nicht immer alle böse sein müssen. Oder zumindest meist dann auch gut werden. Aber ich find es sowieso schwer die beiden Begriffe voneinander zu trennen.
LG Corly
Hallo Corly,
stimmt, es ist nicht immer eindeutig, wer nun eigentlich Antagonist und Protagonist ist, zumal einige Autorn aus beiden Blickwinkeln schreiben.
LG
Jay
Hallo Jay,
gerade die Mischung der Charaktere verleiht der Handlung Tiefe und macht neugierig auf die Personen. Da kann es einen langweiligen Prota geben, während der Antagonist die wesentlich spannendere Figur ausmacht.
Liebe Grüße Barbara
Hallo Barbara,
ja, da gebe ich dir völlig recht und es ist auch gut, dass es so ist. 🙂
LG
Jay
Liebe Jay,
das ist selten, aber es ist schon hin und wieder mal vorgekommen. Wobei ich dabei durchaus differenzieren möchte, dass das nicht unbedingt etwas mit mögen oder gern haben der Figur zu tun haben muss, sondern eher damit, wie interessant sich der Antagonist für mich darstellt.
Wenn z.B. eine Hauptfigur sehr klischeehaft, sehr langweilig oder aber unnatürlich daher kommt, dann kann es schon mal sein dass der Antagonist deutlich interessanter, authentischer daher kommt und sein Charakter ansprechender wirkt. Dann würde ich den Antagonisten, dem Protagonisten definitiv vorziehen.
Viele liebe Grüße
Nisnis
Hallo Nisnis,
ich sehe das auch so. Langweilige Protagonisten können da durchaus hinten runter fallen in der Lesergunst.
LG
Jay
Hi Jay,
ja so ganz klar definiert ist es manchmal auch nicht, ob ein Protagonist nun gut oder böse ist. Stephen King hat in „Qual“ beispielsweise auch den „Bösen“ zum Protagonisten gemacht. Antagonisten wären in dem Fall ja dann quasi Polizisten und Co. Trotzdem die Hauptfigur also Böses tat, hat man ihn irgendwie ins Herz geschlossen. So rum kann es eben auch gehen … ;o)
Liebe Grüße
Patricia
Hi Patricia,
ja, genau so sehe ich das auch. 🙂
LG
Jay