28. März 2024

LONCON 3 in London– Zweiter Tag: Vom Tod der Eltern, Signierschlangen und der Armeeverpflegung

Wer meinen letzten Bericht über meinen ersten Tag am LONCON gelesen hat, hat schon einen kleinen Eindruck von diesem genialen Event bekommen, das leider viel zu selten in Europa stattfindet. Als ich heute gegen 11 Uhr im ExCeL (Exhibition Centre London) ankam, hatte ich wenigstens nicht mit Warteschlangen zu kämpfen. Ich wollte mich gleich richtig ins Getümmel stürzen, einige Bucheinkäufe erledigen und natürlich wieder an interessanten Podiumsdiskussionen teilnehmen. Davon gibt es hier am Woldcon täglich hunderte. Aber wie soll man sich bei dem Angebot nur zurecht finden?
Hier also eine Übersicht. Zunächst gibt es eine Reihe von übergeordnete Kategorien,  z. B. Young Adult, Comics/Mangas, Art, Music, Science Fiction, Clothes, Workshops und Literature (allgemein). Damit weiß man schonmal, in welche Richtung der Hase in der jeweiligen Veranstaltung läuft. Zu jeder dieser Kategorien gibt es dann wiederum stündlich eine oder mehrere Podiumsdiskussionen (sog. Panels) zu mehr spezifischen Themen. Diese Runden dauern jeweils immer eine Stunde und meistens reden vier bis fünf bekannte Autoren über das Thema, wobei oft auch das Publikum mit einbezogen wird.

Tötet die Eltern!

Sarah J. Maas auf dem LONCON 3 August 2014
Sarah J. Maas auf dem LONCON 3
August 2014

Ich ware also heute um 11.00 Uhr vor Ort und besuchte ein Panel in der Kategorie Young Adult  (YA) zum aufschlussreichen Thema Kill The Parents.
Todd McCaffrey, Leigh Bardugo, Amy McCulloch, Sophia Dougall and Sarah J. Maas sprachen über dieses interessante Thema. Sarah ist die nette Autorin, die u. a. Throne of Glass schrieb. Was steckt also hinter dem Thema?
Prinzipell geht es darum, die Geschichte für den Leser realistischer zu gestalten. Da YA-Bücher in erster Linie Teenager als Hauptpersonen haben, können diese innerhalb der Handlung eigentlich nur dann richtig loslegen, wenn keine Eltern ihren Daumen auf sie haben und sie z. B. nicht schon um 10 Uhr ins Bett schicken. Platt ausgedrückt.
Eltern fungieren, wenn man realistisch schreiben möchte, für die jugendlichen Protagonisten als Spaßbremsen erster Güte, v. a. wenn es für die Teens gefährlich werden soll. William Goldings Herr der Fliegen wäre mit Eltern wohl ein ziemlich langweiliges Buch geworden, und wären Harry Potters Eltern noch am Leben gewesen, sie hätten eine direkte Konfrontation mit „Ihr wisst schon wem“ bestimmt nicht zugestimmt. Punkt. Am einfachsten ist es also, wenn die Protagonisten Halb- oder besser gleich Vollwaisen sind oder werden. Außerdem kann man daraus gleich noch eine gute Hintergrundgeschichte basteln. Manchmal nehmen die Jugendlichen sogar gleich die Position der Eltern ein, wie z. B. bei Katniss Everdeen (Die Tribute von Panem), die an Stelle der depressiven Mutter für ihre kleine Schwester sorgt.
Es versteht sich fast von selbst, dass dieses Thema auch genügend Potential für britischen Humor bot. Wir haben jedenfalls gut gelacht.

Warten auf Scott Lynch

Scott Lynch beim Signieren am LONCON 3 August 2014
Scott Lynch beim Signieren am LONCON 3
August 2014

Um 13.30 Uhr sollte dann eine Podiumsdiskussion zum Thema Fantasy und Mittelalter, u. a. mit Robin Hobb, stattfinden. Allerdings hat man mir auf dem LONCON von verschiedenen Seiten die Fantasyreihe von Scott Lynch empfohlen, weshalb ich mir die ersten drei Bücher gleich besorgte (ab drei gab’s Diskount). Die mussten natürlich auch signiert werden, weshalb ich von 13.00 bis 14.15 Uhr bei Scott Lynch in der Signierschlange stand und mich angeregt mit einem Engländer und einer Finnin über Jugendbücher unterhielt. Ganz zum Schluss bekam ich jedes Buch mit Widmung und Zitat. Ich bin jetzt nur noch gespannt, wie mir die Bücher gefallen werden, denn anscheinend gehen da die Meinungen ein wenig auseinander.

Damit möglichst viele Fans zu einem signierten Buch ihres Lieblingsautors kommen, ist die Zahl der Bücher beim Signieren auf drei pro Person begrenzt. Will man mehr signiert haben, muss man bisschen schummeln.

Fitz Chivalric ist zurück!

Robin Hobb mit Narr auf dem LONCON 3 August 2014
Robin Hobb mit Narr auf dem LONCON 3
August 2014

Nach der Signierstunde von Scott Lynch war natürlich die geplante Podiumsdiskussion mit Robin Hobb fast vorbei. Ich konnte sie dennoch abpassen, mich kurz mit ihr unterhalten und für mein Autogrammbuch eine Unterschrift ergattern. Sie hat übrigens ihr neues Buch The Fool’s Assassin auf den Markt gebracht und Fans dürfen sich freuen, denn in der Geschichte geht es wieder um Fitz und den Narr.
Auf dem LONCON sind einige Teilnehmer/innen in tollen Kostümen herumgelaufen und bei der Gelegenheit ist das Bild links entstanden. Ach, ich mag Robin Hobb und ihre Bücher so sehr, und total nett ist sie außerdem.

Was Jugendliche mögen

Meine Podiumsdiskussion um 16. 30 Uhr war wieder aus dem Bereich Young Adult und hatte das Thema The Trouble With Teens. Hierbei ging es vor allem darum, was gute YA-Bücher ausmachen, was sich Teens heute von Büchern erwarten, wie die Hauptcharaktere dargestellt werden und wie sie handeln sollten, damit die Leser sie mögen und die Bücher weiterlesen. Auch ging es um Romanzen und welchen Stellenwert sie in der Handlung haben sollen/dürfen. Die Diskussion war gerade deswegen sehr interessant, weil Teenager aus dem Publikum zu Wort kamen und selbst beschreiben durften, was für sie eine gutes YA-Buch ausmacht. Eine super Veranstaltung, im Nachhinein betrachtet.

Wirtschaft und Finanzen in der Fantasywelt

Meine letzte Veranstaltung des Tages kam aus der Kategorie Literature und ging über das Thema Fantasy Economics.

You want to take an army of 10,000 to lay siege to Mordor; how exactly do you plan to provision this?

LONCON-Programmheft
Auch das gab es: Ein Legomodell des Millennium Falcon bestehend aus über 100.000 Einzelteilen. Der Eigentümer hat 18 Monate daran gearbeitet, Risszeichnungen studiert und kennt das Raumschiff bis ins kleinste Detail.

Auch das gab es: Ein Legomodell des Millennium Falcon bestehend aus über 100.000 Einzelteilen.
Der Eigentümer hat 18 Monate daran gearbeitet, Risszeichnungen studiert und kennt das Raumschiff bis ins kleinste Detail.

Es ging also darum, dass sich ein Autor auch über grundlegende Probleme Gedanken machen muss, die seine Geschichte unglaubwürdig werden lassen, wenn der Leser sie genauer hinterfragt. Es war eine sehr interessante Veranstaltung, bei der wir Teilnehmer auch Einblicke in die Ökonomie des Mittelalters bekamen, welche dann oft in Teilen in die Fantasyliteratur übernommen wird.

Für mich war der LONCON-Tag damit zu Ende. Ich brauchte endlich was anständiges und preisgünstiges zwischen die Rippen, weshalb ich gegen 19.00 Uhr die fast zweistündige Rückreise zum Hotel antrat. Morgen geht es dann wieder los und ich weiß schon jetzt, dass es zu einer Schlacht kommen wird, nämlich um die besten Plätze in der Signierschlange von George R. R. Martin, mittags um 12.00 Uhr (high noon).

Bis demnächst.

Jay

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