29. März 2024

Haus der Stummen von John Burnside

John Burnside: Haus der Stummen Deutsche Erstausgabe Knaus Verlag (2014)

Akbar der Große, so die Sage, hat einst einen Palast errichtet, in dem eine Gruppe Neugeborener, isoliert von der Außenwelt und versorgt von Stummen, aufwachsen sollte: das Haus der Stummen. So wollte er erforschen, ob Sprache erlernt oder uns angeboren ist. John Burnsides Erzähler ist besessen davon, diese Frage aufs Neue zu klären. In der Tradition Akbars ersinnt er ein bizarres Experiment, für dessen Umsetzung er vor nichts zurückschreckt.

Titel: Haus der Stummen Autor: John Burnside Verlag: Knaus Seitenzahl: 256 Genre: Roman Alter: 18+ Erste Aufl.: 01. September 2014 Ausgaben: Hardcover, E-Book ISBN: 978-3813506129 (HC)

Über das Buch Haus der Stummen und den Autor

Lyriker und Romancier John Burnside wurde 1955 in Schottland geboren und zählt heute zu den profiliertesten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. Er wurde bereits mehrfach für seine Werke ausgezeichnet. Mit seinem Debütroman The Dumb House, der 1997 erstmalig erschien, konnte er Leser auf der ganzen Welt in den Bann ziehen. Ganze siebzehn Jahre später, 2014, erschien sein Debüt auch in einer deutschen Übersetzung unter dem Titel Haus der Stummen und ist zunächst als E-Book und Hardcoverausgabe erhältlich. Das Buch hat 256 Seiten und ist in drei große Abschnitte unterteilt. Einen Prolog oder Epilog gibt es nicht.

Meine Meinung zu Haus der Stummen

„Einer der herrlichsten und zugleich verstörendsten Debüts unserer Zeit… brilliant.“ schreibt ein Redakteur der britischen Zeitung The Guardian. Nun ich bin sicherlich kein weltbekannter Buchkritiker und ganz sicher auch kein Redakteur einer weltbekannten Zeitung, aber ich fand Burnsides Buch Haus der Stummen weder „herrlich“ noch „verstörend“. Vielleicht habe ich auch die ganze Tiefgründigkeit dieses Buches nicht verstanden, wer weiß, also nennt mich dumm. Vor allem im ersten Abschnitt musste ich mich streckenweise regelrecht durch die Seiten quälen. Nicht, weil ich die Ausführungen des Autors so ekelerregend und verstörend fand, sondern vielmehr weil ich Mühe hatte die Augen offen zu halten. Die Kinder- und Jugendzeit und die Beziehung der Hauptperson zu seinen Eltern, insbesondere der Mutter, war nicht wirklich neu und aufregend. Im ganzen Rest des Buches findet sich schließlich nicht eine Stelle, die meinen Pulsschlag über den üblichen Normalwert anzuheben vermochte. Muss ich mir jetzt womöglich Sorgen um meinen geistigen Zustand machen und am besten gleich einen Termin beim Psychologen vereinbaren?

Ja, es gibt den einen oder anderen Absatz in der Handlung, in dem der Autor etwas über die Stränge schlägt und der den Leser für einen Moment innehalten lässt. Es sei aber in dem Zusammenhang gesagt, dass in diesen Szenen meist Kinder (oder Tiere) die Opfer sind und die Leser schon allein deswegen ein erhöhtes Maß an Empathie mitbringen. Letztendlich ist der Roman jedoch nicht mehr oder minder verstörend, als ein guter Psychothriller weniger bekannter Autoren. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb ich mit der ganzen Handlung irgendwie nicht so recht warm werden konnte und die vielfach gepriesenen „verstörenden Textabschnitte“ nahezu gänzlich an mir vorbei gegangen sind.

Das ganze Buch war nicht mal spannend geschrieben, sondern beschreibt aus der Ich-Perspektive des Protagonisten seine Pläne von einem Experiment mit Kindern, das auf die Erforschung des Spracherwerbs abzielt. Ist Sprache angeboren oder wird sie erst im der Interaktion mit dem Umfeld erlernt? Welche Rolle spielt sie für den Menschen? Interessant sind diese Fragestellungen schon, vor allem mit etwas psychologischem Hintergrundwissen zum Thema.

Dem Protagonisten des Buches wohnt nicht einmal eine gewisse Genialität inne. Er ist kein Hannibal Lecter (Das Schweigen der Lämmer) oder Jean-Baptiste Grenouille (Das Parfüm von Patrick Süskind), der eine irgendwie geartete Faszination auf den Leser ausstrahlt. Vielmehr ist er ein Psychopath mit einem Ödipuskomplex, der an Langeweile nicht zu überbieten ist. Zwar beschreibt Burnside dessen Gedankengänge sehr detailliert und versucht diesen durch Einflechtung von philosophischen und wissenschaftlichen Ansätzen zu Fragestellungen ein gewisses Niveau zu verleihen, allerdings machte dass in meinen Augen noch lange keinen interessanten Charakter aus der Hauptperson und die Brutalität gegen Kinder, und sei sie noch so sehr wissenschaftlich gerechtfertigt, aus einem Roman noch kein Meisterwerk.

Tut mir leid Mr. Burnside, aber wären Sie mal lieber bei Ihren Gedichten geblieben. Andererseits scheint es einige Kritiker zu geben, denen Burnsides Debütroman gefällt und die will ich hier mal nicht außer Acht lassen oder gar ihre positiven, verstörten Eindrücke schmälern. Anscheinend gehört dieser Roman zu jenen Büchern, die man entweder in den Himmel lobt oder aber in der runden Ablage verschwinden lässt. Vielleicht hätte Haus der Stummen (The Dumb House) auch weitaus weniger mediale Aufmerksamkeit gefunden, wäre es von einem unbekannten Autor geschrieben worden und nicht von einem der, Zitat, „ganz großen und allerbesten“.

Mein Fazit zu Haus der Stummen

2 von 5 Sternen "In meinen Augen von den Kritikern überbewertet."
2 von 5 Sternen
„In meinen Augen überbewertet.“

Love it or hate it. Obgleich die Kritiken zu dem Buch oft sehr gut waren, konnte mich der Roman nicht überzeugen. Anfangs war er, bis auf ein paar kurze Abschnitte, in meinen Augen recht schwach. Ab dem zweiten Abschnitt wurde es besser und ab dem dritten, als es um das Experiment ging, dann einigermaßen interessant. Sonderlich fesseln konnte mich das Buch leider nicht und auch sonst ist es nicht geeignet, mich auch nach der Lektüre gedanklich weiter zu beschäftigen, wie es bei anderen (guten) Romanen oft der Fall ist. Auf dieser Grundlage fällt es mir schwer eine Leseempfehlung auszusprechen. Ich will jedoch betonen, dass es sicherlich einen Leserkreis gibt, die von dem Roman begeistert sind. Bei Amazon kann man die ersten Seiten anlesen. Wer ihn sich kaufen möchte, dem empfehle ich zu warten, bis die günstigere deutsche Taschenbuchausgabe erhältlich ist bzw. gleich das englische Original zu lesen.
Ich hätte übrigens eine neuwertige, deutsche Hardcoverausgabe übrig. Bei Interesse einfach melden.

Jay

2 Gedanken zu “Haus der Stummen von John Burnside

  1. Oha Jay, was ist das denn für eine Kritik?
    „Tut mir leid Mr. Burnside, aber wären Sie mal lieber bei Ihren Gedichten geblieben“???
    Gott sei dank hat er das nicht getan!
    Ein ganz starker Roman, absolut lesenswert!!!

    1. Ja, Nick. Ich habe wirklich viel von dem Buch erwartet, aber ich bin mit dem Stil und der ganzen Handlung einfach nicht warm geworden und die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Es freut mich, wenn dir der Roman gefallen hat, aber er war so einfach nicht meins. Vielleicht hatte ich mir einfach auch was anderes vorgestellt und es klappt beim nächsten Mal besser. Danke für deinen Beitrag. 🙂

      Jay

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