19. April 2024

Wolfgang Hohlbein: Irondead

Wir sind niemandes Feind. Doch ihr seid auch niemandes Freund. Ihr würded niemals eine andere Art neben euch dulden. Ihr zerstört die Welt, die euch hervorgebracht hat und euch ernährt, und ihr tötet einander aus nichtigen Gründen, und oft genug ganz ohne Grund.

Wolfgang Hohlbein – Irondead
Wolfgang Hohlbein: Irondead Egmont INK (2014)
Wolfgang Hohlbein: Irondead
Egmont INK (2014)

Irland zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Weil er unlautere Methoden der Belfaster Polizei anprangerte, wurde Quinn Devlin unehrenhaft aus dem Dienst entlassen und landete im Gefängnis. Wieder auf freiem Fuß, versucht er, seinen Lebensunterhalt als Privatdetektiv zu verdienen. Doch die Zeiten sind schwer. Armut und Unzufriedenheit regieren die Stadt. Die Werft ist einer der wenigen Orte, wo die Menschen noch Arbeit finden, denn hier wird das größte Passagierschiff der Welt gebaut. Die Titanic soll im nächsten Frühjahr vom Stapel laufen. Der reiche Kaufmann Stanley Jacobs, der den Bau des Schiffes vorantreibt, beauftragt Devlin mit der Aufklärung einer Diebstahlserie, die das ganze Projekt gefährden könnte. Bei seinen Nachforschungen entdeckt der Detektiv in einem verlassenen Schlachthaus ein monströses eisernes Geschöpf, das ihn zu töten versucht. Kurz darauf sickert die Nachricht durch, dass sein reicher Auftraggeber verschwunden ist. Zusammen mit der geheimnisvollen Allison Carter und dem genialen Erfinder Nicola versucht Devlin, das mysteriöse Geschehen aufzuklären – und legt sich dabei unwissentlich mit Mächten an, die das größte Schiff der Welt für ein mörderisches Spiel missbrauchen. In vergessenen Tunneln unterhalb der Werft geraten die drei in einen Hinterhalt und an Gegner, die sich jeglicher Vorstellungskraft entziehen… (Klappentext)

Titel: Irondead – Der zehnte Kreis Autor: Wolfgang Hohlbein Verlag: Egmont INK Reihe: Irondead, #1 Seitenzahl: 640 Genre: Steam Punk Alter: 16+ Erste Aufl.: 06. Februar 2014 Ausgaben: Taschenbuch, E-Book, Hörbuch ISBN: 978-3863960667 (TB)

Über das Buch und den Autor

Wolfgang Hohlbein (* 1953 in Weimar) ist der wohl erfolgreichste deutsche Fantasyautor der Gegenwart und hat bereits über 150 Bücher mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen verfasst. Sein Roman Irondead – Der zehnte Kreis erschien im Februar 2014 als broschierte Ausgabe bei Egmont INK. Der Roman ist dem Steampunk Genre zuzuordnen. Er spielt also in einer Zeit (1911) in dem neue technische Errungenschaften die Gesellschaft auf drastische Weise veränderten. Irondead ist mit 640 Seiten ein recht umfangreicher Roman, der in 31 Kapitel unterteilt ist. Die Verarbeitungsqualität ist sehr gut. Da es kein Hardcover ist, gibt es keinen separaten Schutzumschlag für das Buch, allerdings ist das Cover sehr fest und passt auch vom Design sehr gut zum Inhalt des Buches.

Meine Meinung

Ich habe schon lange Zeit kein aktuelles Buch von Wolfgang Hohlbein mehr gelesen. Als mich daher auf der Leipziger Buchmesse sein neuer Roman Irondead anlachte, habe ich gerne zugegriffen, zumal mich der Klappentext und das Cover ansprach und ich mit Hohlbeins Romanen auch gute Erinnerungen verband. Mit 640 Seiten hat man zudem einen ziemlichen Wälzer in der Hand und ich mag dicke Bücher, in deren Handlung man so richtig tief versinken kann. Die Geschichte ging dann auch recht gut los, wichtige Hauptfiguren wurden eingeführt und der Autor glänzte mit anschaulichen Beschreibungen. Leider hatte ich über die ganze Lesezeit hinweg das Gefühl, dass dadurch viele Passagen unnötig in die Länge gezogen wurden. Im Nachhinein betrachtet bin ich mir sicher, dass man den Text, über das ganze Buch verteilt, um wenigstens 100 Seiten hätte kürzen können, um den Fortgang der Handlung etwas zu straffen. Ein relativ großer Teil spielte sich ab der Hälfte v. a. in einem Heilanstalt für psychisch Kranke ab, und interessante Ortswechsel kamen ab da leider etwas kurz. Schön wäre es gewesen, hätte man im Verlauf der Handlung noch mehr vom Belfast der damaligen Zeit erfahren und vor allem auch über die berühmte Titanic, die ja im Buch eine mehr oder weniger zentrale Rolle spielt. Leider tut sie das nur auf den letzten 100 Seiten, was ich etwas schade fand. Die Handlung in der Heilanstalt war nicht schlecht und auch einigermaßen abwechslungsreich, allerdings in meinen Augen etwas zu lang.

Problematisch fand ich auch die meisten der Charaktere, denn ich konnte mit keinem von ihnen so richtig warm werden. Eine Ausnahme bildet vielleicht der Junge Chip, der im Roman viel leiden muss und aufgrund seines jungen Alters (ca. 12 Jahre) hier zwangsläufig einen Empathiebonus für sich gewinnen konnte. Leider gingen mir alle anderen Hauptcharaktere mit der Zeit immer mehr auf die Nerven. Das lag v. a. daran, dass die Charaktere sich gegenseitig kaum leiden konnten. Anstatt sich zusammenzuraufen und gemeinsam die Probleme zu lösen, wurde allzu oft nur an den anderen herumkritisiert, Dinge wild unterstellt und dann herumdiskutiert, bis man sich dann irgendwann auf ein Vorgehen einigte. Den Vogel schoss regelmäßig der Polizeicaptain Adler ab, der mit seinem aufbrausenden Wesen, seiner Selbstgefälligkeit, dem rechthaberischen Getue und bisweilen unsäglicher Dummheit die Handlung mehr blockierte, als voranbrachte. Ein bisschen ist ja ganz ok, aber die Figur war einfach nur penetrant und nahm sich im Buch zu viele Freiheiten heraus, was dann für mich irgendwann nicht mehr glaubwürdig war. Aber auch die anderen Charaktere glänzten nicht gerade durch Sprachwitz, Einfühlungsvermögen und andere notwendige soziale Kompetenzen. Das machte dann leider auch verschiedene Situationen und Reaktionen für mich nicht mehr nachvollziehbar. Was die Hintergrundgeschichten der Charaktere betrifft, macht der Autor zwar immer wieder Andeutungen, aber leider bleibt er bis zum Ende des Buches weitere Informationen schuldig. Es wäre schön gewesen, wenn man als Leser hierzu etwas mehr erfahren hätte.

Spoiler
Ganz nett fand ich die Anspielungen auf Sir Arthur Conan Doyle und seine Figuren Sherlock Holmes and Dr. Watson.
Der Leiter der Heilanstalt heißt Dr. Watson und sein Pfleger Mulligan heißt mit Vornamen Sherlock (was man als Leser ziemlich spät mitbekommt). Zwischendurch telefoniert Dr. Watson auch mal mit einem mysteriösen Sir Arthur, der aber nicht weiter identifiziert wird. Sir Arthur vermag es schließlich auch Captain Adler in den Hintern zu treten, spielt aber sonst keine Rolle in der Handlung.

Ob jemandem ein Roman gefällt oder nicht, hängt leider es zum großen Teil an der Beziehung, die man als Leser zu den Protagonisten/Antagonisten aufbaut. nSympathie spielt eine sehr große Rolle. Die Ideen, die Wolfgang Hohlbein in Irondead verpackt, fand ich durchaus gut und auch sonst war die Handlung, bis auf die bereits erwähnten Längen, abwechslungsreich und interessant, aber mir reicht das alleine nicht.
Positiv will ich anmerken, dass man in Irondead auch ein einige gesellschaftskritische Aspekte finden kann. Zu nennen wäre hier vor allem die Kritik an der Zerstörung der Umwelt durch den Menschen.

Wir dürfen die Welt, in der wir leben und die wir eines Tages an unsere Kinder übergeben, nicht noch weiter vergiften und rücksichtslos ausbeuten. (Irondead, Seite 178)

Leider wirkten sich diese Ansätze kaum auf die Handlung im Buch aus, sondern wurden nur gelegentlich angesprochen, ohne dass dies weitere Konsequenzen hatte.

Die Fortsetzung der Reihe trägt den Titel Irondead – Der achte Tag.

Fazit

2,5 von 5 Sternen "Leider in einigen Punkten nicht überzeugend."
2,5 von 5 Sternen
„Leider in einigen Punkten nicht überzeugend.“

Ein Roman mit guten Ideen, aber leider nicht das, was ich mir von Wolfgang Hohlbein erwartet hatte. Insbesondere die nicht weiter ausgebauten Hintergründe der Charaktere und ihr zum Teil penetrant nerviges Verhalten untereinander, konnten mich nicht überzeugen. Sie waren mir ehrlich gesagt alle ziemlich egal. Was letztendlich dazu führte, dass ich das Buch in knapp drei Tagen gelesen habe, war mein Interesse an Wolfgang Hohlbeins Lösung für die Geschichte. Die Titanic kam eindeutig zu kurz. Gesellschaftskritik an der damaligen Zeit war zu finden, wurde jedoch auch nicht weiter verfolgt. Insgesamt war ich daher nicht zufrieden mit Irondead.

Jay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d