18. April 2024

Das Schweigen in meinem Kopf von Kim Hood

Kim Hood: Das Schweigen in meinem Kopf, Taschenbuch, cbj Verlag (2014)

Jo hat es nicht leicht: Sie ist allein mit ihrer psychisch kranken Mutter, die sie jeden Tag für sich beansprucht und auch in der Schule hat sie deswegen große Probleme Freundschaften zu schließen. Um den ständigen Hänseleien und dem Alleinsein zu entgehen, lässt sie sich auf ein Sozialprojekt ein: Freiwillig verbringt sie jede freie Stunde damit, dem 15-Jährigen körperlich und geistig behinderten Chris im Rollstuhl Gesellschaft zu leisten. Als sie ihm ganz nebenbei von ihren Problemen erzählt, scheint Chris, der sonst kaum kommuniziert, sie zu verstehen und sich ihr mitzuteilen. Ganz langsam entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den ungleichen Jugendlichen, die beide verändert und ihnen eine ganz neue Zukunft schenkt. Sie merken, dass sie einander brauchen und dass sie nur mit dem anderen ihre eigenen Probleme in den Griff bekommen können.
(Das Schweigen in meinem Kopf)

Titel: Das Schweigen in meinem Kopf (Finding a Voice) Autor: Kim Hood Verlag: cbj Seitenzahl: 288 Genre: Jugendbuch Alter: 12+ Erste Aufl.: 14. Juli 2014 Ausgaben: Taschenbuch, E-Book ISBN: 978-3570402375 (TB)

Über die Autorin von Das Schweigen im meinem Kopf

Quelle: Obrien.ie
Kim Wood ist die Autorin von "Das Schweigen in meinem Kopf"
Quelle: Obrien.ie

Kimberly (Kim) Hood wuchs in British Columbia in Kanada auf und studierte dort an der Universität Psychologie, Geschichte und Erziehungswissenschaften. Danach arbeitete sie als Sozialarbeiterin vor allem mit behinderten Kindern und setzte sich für ihre Belange ein. Es war ihr wichtig in ihrem Debütroman Finding a Voice (Das Schweigen in meinem Kopf) auf die Rolle von Außenseitern in der Gesellschaft einzugehen, auf die Probleme behinderter Mitmenschen und auf psychische Erkrankungen. Dies alles verbindet sie in ihrem Roman für Jugendliche.

Meine Meinung zu Das Schweigen in meinem Kopf

Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf das Buch aufmerksam wurde. Vermutlich bin ich in meinem  Lieblings-Bücherforum darüber gestolpert und musste es mir auch gleich bestellen. Nach den beiden Highlights Wunder und Wörter auf Papier, bin ich Büchern sehr zugetan, die benachteiligte Kinder und Jugendliche als Protagonisten haben. Ich finde es spannend zu lesen, wie sie ihr Leben bewältigen und ihre Position in der Gesellschaft, trotz vieler Widrigkeiten, behaupten. Das Schweigen in meinem Kopf ist da nicht anders. Die Protagonistin ist Jo, ein 14-jähriges Mädchen, das zwar nicht geistig oder körperlich benachteiligt ist, aber dafür ständig mit ganz alltäglichen Problemen zu kämpfen hat. Ihre Mutter ist psychisch krank und für Jo ist es jeden Tag eine Gratwanderung, denn sie möchte vermeiden, dass ihre Mutter wegen Kleinigkeiten ausrastet. Darunter leiden vor allem die Beziehungen zu den Klassenkameradinnen, die hinter ihrem Rücken über sie und ihre „verrückte“ Mutter tuscheln. Jo ist isoliert und sie will sich keinem anvertrauen aus Furcht ausgelacht zu werden. Chris hingegen hat ganz andere Probleme. Der 15-Jährige ist geistig und körperlich behindert, sitzt im Rollstuhl und muss ständig von jemandem betreut werden. Da er hilflos ist und auch nicht sprechen kann, behandelt man  ihn wie ein Kleinkind. Als Jo im Rahmen eines Sozialprojekts mit Chris zusammenkommt bröckeln die Barrieren der beiden und es entwickelt sich eine tiefgründige Freundschaft. Jo hat keine Scheu sich Chris gegenüber zu öffnen und Chris scheint ihr zuzuhören.

Kim Hood: Finding a Voice O'Brien Verlag (2014) (Das Schweigen in meinem Kopf)
Kim Hood: Finding a Voice
O’Brien Verlag (2014)

Mir hat gut gefallen, wie sich die beiden Protagonisten im Laufe der Handlung entwickeln. Jo bekommt immer mehr Selbstvertrauen und fühlt sich ich Chris‘ Gesellschaft wohl. Auch Chris spricht auf Jo an und schenkt ihr immer wieder ein Lächeln. Dass sich diese Freundschaft zwischen den beiden mit der Zeit auch positiv auf den Rest ihres gesellschaftlichen Umfelds auswirkt, kommt nicht allzu überraschend für den Leser und gibt der Geschichte einen weiteren Aspekt mit.
Kim Hood schreibt sehr flüssig. Schon nach den ersten Seiten war ich mitten in der Geschichte und gefangen in Jos Problemen. Die Handlung ist abwechslungsreich, wobei sich die Autorin vor allem auf die zwischenmenschlichen Probleme ihrer Protagonisten konzentriert und sie in den Fokus rückt. Jos Probleme mit ihrer Mutter und den Mitschülern sind jedoch schnell vergessen, wenn sie sich um Chris kümmern kann. Nicht nur Chris ist hilfsbedürftig, auch Jo braucht ihn als Freund, der zuhören kann. Kim Hood beschreibt dies sehr treffend und ließ mich als Leser mitfühlen. Im letzten Drittel des Buches wird es dann nochmal richtig spannend und aktionsgeladen. Ich will dazu jedoch nichts weiter schreiben, um nicht zu viel Spannung vorweg zu nehmen. Die Autorin hat jedoch einen glaubhaften Weg gefunden der Handlung nochmal einen Kick zu geben und damit die starke Verbundenheit der beiden Protagonisten aufzuzeigen. Mir hat das sehr gut gefallen. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich jedoch. Dass in Chris weitaus mehr steckt, als es anfangs den Anschein hat, ist eine gute Idee. Allerdings kam es mir etwas unglaubwürdig vor, dass die Betreuer, Sozialarbeiter und Psychologen um ihn herum davon so wenig bemerkt haben sollen. Erst Jo konnte Chris wirklich aus seinem Schneckenhaus helfen (und umgekehrt). Die zweite Sache war, dass man die nur 14-jährige Jo mit ihrer psychisch doch recht kranken Mutter in einem Haushalt leben ließ und ihr damit automatisch jede Menge Probleme aufbürdete. Mir schien das wenig realistisch oder zumindest sehr gewagt. Davon abgesehen hat mich das Buch jedoch gut unterhalten und die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

Mein Fazit

4.5 von 5 Sternen "Ein tolles Buch für alle Altersgruppen." (Das Schweigen in meinem Kopf)
4.5 von 5 Sternen
„Ein tolles Buch für alle Altersgruppen.“

Das Schweigen in meinem Kopf ist eine abwechslungsreiche Geschichte über zwei Teenager, die Außenseiter sind und sich gegenseitig helfen ihre Probleme in und mit der Gesellschaft zu bewältigen. Dabei geht Kim Hood besonders auf die Probleme behinderter und sozial benachteiligter Menschen ein. Sie hat es, vor allem wegen ihres beruflichen Hintergrunds als Sozialarbeiterin, gut verstanden die Beziehung zwischen Jo und Chris herauszuarbeiten und daraus in eine spannende Geschichte zu entwickeln. Ich empfehle das Buch vor allem auch jüngeren Lesern und auch für den Deutschunterricht wäre es als Klassenlektüre sicher gut geeignet, da es sich mit nur 280 Seiten recht gut in überschaubarer Zeit lesen lässt und es auch reichlich Stoff für anschließende Diskussionen bietet. Eine Leseempfehlung von mir gibt es jedenfalls. Wem Wunder gefallen hat, dem könnte auch dieses Buch zusagen.

Jay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d