20. April 2024

Ywen – Pure Blood von Draco Schwarz

Draco Schwarz: Ywen - Pure Blood E-Book Neobooks (2015)

Eine namenlose junge Frau erwacht in einem fremden männlichen Körper. Mächtige lederne Schwingen und ein verbrannter Arm vervollständigen den Albtraum, in dem sie sich nach 100 Jahren Tiefkühltruhe wiederfindet. Sie nennt sich Ywen und wird schon bald zur Gejagten, denn alle wollen ihr reines Blut. Und das ist nicht das einzige Problem. Der eigenartige Körper verändert sich. Er gewinnt an Stärke, Schnelligkeit und wird … etwas Anderes.

Der Dritte Weltkrieg ist lange vorbei und hat eine monströse zweigeteilte Gesellschaft hervorgebracht. Die Oberen verstümmeln ihre eigenen Kinder körperlich wie geistig und verdammen sie zu einem erbärmlichen Leben als Sklaven. Die Niederen verrichten alle Arbeit und sorgen dafür, dass die Oberen in Luxus leben können. ER ist ihr Oberhaupt und wird verehrt wie eine Gottheit. Getrennt werden die Städte nur durch einen schmalen Streifen, der von tödlichen kleinen Monstern beherrscht wird, die alles fressen, was einen Herzschlag hat. Ywen ist in ihrem neuen Körper gefangen, doch sie ist auch frei. Frei die Dinge zu ändern und den Oberen entgegenzutreten…

Titel: Ywen – Pure Blood Autor: Draco Schwarz Verlag: neobooks Seitenzahl: 220 Genre: Fantasy Alter: 16+ Erste Aufl.: 2015 Ausgaben: E-Book ASIN: B01N4PE1W5 (E-Book)

Meine Meinung zu Ywen – Pure Blood

Die Autorin hat mir Ywen – Pure Blood als Rezensionsexemplar angeboten und da ich hin und wieder auch ganz gerne Fantasy lese, die Horrorelemente beinhaltet, habe ich zugesagt es zu lesen. Hin und wieder findet man unter eher unbekannten Büchern auch echte Perlen, die bekannt werden wollen. Leider muss ich sagen, dass mich Ywen – Pure Blood nicht so richtig überzeugen konnte. Das Buch ist aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Ywen geschrieben und ziemlich fast-paced, d. h. die Handlung schreitet zügig voran. Das kann bei Büchern ein Pluspunkt sein, denn die Gefahr von Längen in der Handlung wird dadurch gemindert. Tatsächlich passiert immer wieder etwas, macht die Handlung vielseitig und beim Lesen kommt wenig Langeweile auf.

Leider kann die zügige Handlung auch Nachteile mit sich bringen und das war in diesem Fall für mich das eigentliche Problem. Mir ging einiges viel zu schnell in dem Buch. Draco Schwarz hat viele interessante Ideen verbaut und ich hätte als Leser oft gerne noch mehr darüber und über die Hintergründe erfahren. Klar, eine neue und veränderte Zivilisation nach dem Dritten Weltkrieg ist jetzt nicht ganz neu, dennoch bietet sie doch viele Möglichkeiten zur Ausgestaltung. Viele Abschnitte waren mir aber allzu gehetzt und ich hatte kaum Gelegenheit mit neuen Charakteren warm zu werden bzw. etwas über die Hintergründe der Handlung zu erfahren. So gibt es im Buch eine Widerstandsgruppe gegen die Oberen, die eine größere Rolle hätten spielen können, die aber leider schon nach wenigen Seiten in die Unwichtigkeit abdrifteten. Schade. Viele Fragen bleiben einfach offen und somit wirkte das Buch auf mich auch irgendwie unausgegoren und die Handlung sehr oberflächlich. Vergleiche ich den Roman mit anderen dystopischen Reihen, dann hätte man daraus auch wenigstens zwei, wenn nicht sogar drei Bände machen können. Dazu benötigt die Story jedoch mehr Tiefgang.

Ywens Situation nach ihrem Erwachen und mit ihrem neuen Körper fand ich interessant, zumal sie in ihrem Körper nicht alleine ist (mehr wird nicht verraten). Sie findet sich jedoch zu schnell mit ihrem Körper ab. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr neues Äußeres gewaltige Probleme für sie mit sich bringen dürfte, schließlich ist es ein männlicher Körper, der sich zudem sehr stark von dem eines Menschen unterscheidet. Im Klappentext ist von einem „albtraumhaften Körper“ die Rede. Was hätte man da auf psychischer Ebene alles draus machen können? Leider wurde die Chance kaum genutzt und Ywen fühlt sich schließlich pudelwohl darin. Sie hat auch kein großes Problem damit menschliches Fleisch zu essen oder manch andere Kreatur, die gerade vorbeikommt. Für mich war das sehr unglaubwürdig, da ihre Gedanken immer noch die eines Menschen sind und ein anderer Körper macht mich jetzt nicht gleich zum Kannibalen, der gerne Finger wie Spare Ribs abnagt. Das ist dann auch ein Teil des beschriebenen Horrors, der mich nicht erschrecken konnte, sondern vielmehr Ekel hervorrief und Unverständnis über Ywens Verhalten und schnellen Wandel in ein Monster.

Wie gesagt, die Handlung ist voller Ideen. Nur leider sind sie oft nicht glaubwürdig entwickelt worden. Ich hatte mir erhofft mit Ywen eine starke Protagonistin zu bekommen, dich ich mögen und auch moralisch unterstützen kann. Ich hätte dann vielleicht auch den Kannibalismus verzeihen und ihn einfach als gegeben hinnehmen können, wäre es glaubhaft gewesen. Jedoch entfernte sich Ywen mit jedem Kapitel immer mehr von mir als Leser. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als sie generalstabsmäßig den Genozid an dem Volk der Oberen plant und durchführt, ist es um sie und mich geschehen. Fragwürdige Experimente und Sklaverei sind in meinen Augen noch kein Grund ein ganzes Volk systematisch auszurotten und ihm jede Lebensberechtigung abzusprechen. Die zweite Hälfte des Buches beschreibt vor allem Ywens persönlichen Kampf gegen die von ihr so verhassten und verachteten Oberen. Ironischerweise begibt sie sich durch ihr bestialisches Handeln auf dasselbe Niveau und stellt somit ihre eigenen hehre Motive infrage.
Alle müssen sterben – Mission erfüllt. Die Lösung des Problems fand ich etwas zu platt. Ywen sieht zwar aus wie ein Ungeheuer, aber sie muss deswegen nicht wie ein Ungeheuer handeln, denn eigentlich ist sie Mensch. Sollte die körperliche Verwandlung auch ihre Psyche mit eingeschlossen haben (ein überaus interessanter Aspekt), dann ist das wohl völlig an mir vorbeigegangen.

Natürlich findet man auch eine kleine Liebesgeschichte, zumindest taucht sie immer wieder in der Handlung auf. Besser wäre es vielleicht von einer Romanze zu sprechen. Leider ist auch sie nicht so recht ausgegoren und lässt bis zum Schluss einige Fragen offen. Kann man seinen größten Feind von Herzen lieben und dann dennoch kaltblütig töten?

Von der Sprache her ist der Roman gut und zügig zu lesen. Hin und wieder gleitet die Autorin etwas in Umgangssprache ab, was nicht unbedingt stört, aber zumindest auffällig ist, weil es nicht immer so recht passen will. Ywen wirkt dadurch weniger überzeugend, sondern eher wie ein pubertäres Mädchen, das keine angemessenen Worte findet, um ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen. Es sind zwar nur Kleinigkeiten, aber sie prägen das Bild von der Protagonistin und lassen es schnell unglaubwürdig wirken.

Mein Fazit zu Ywen – Pure Blood

2.5 von 5 Sternen "Gute Ideen, jedoch mit Schwächen in der Umsetzung."
2.5 von 5 Sternen
„Gute Ideen, jedoch mit Schwächen in der Umsetzung.“

Schade. Ich hatte mir von Ywen – Pure Blood einiges mehr erwartet, zumal die Ideen wirklich gut waren. Die Umsetzung war dann jedoch weniger überzeugend für mich. Die Handlung war oft gehetzt und nur sehr oberflächlich. Ich will das Buch jedoch nicht völlig verdammen. Jeder sollte sich selbst ein Bild davon machen. Vergleiche ich es jedoch mit anderen Werken in dieser Richtung, dann gibt es zumindest noch einiges an Potenzial.
Positiv ist allerdings anzumerken, dass es eine abwechslungsreiche Handlung gibt und doch recht viel passiert, wenn auch die Spannungskurve zum Schluss hin etwas leidet. Ich weiß jetzt, dass Menschenfinger, wenn man sie abnagt, wie Spare Ribs schmecken. DAS nenne ich mal Geek-Wissen.

Jay

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