29. März 2024

Tribes – Das Heim von Dirk Koeppe

Dirk Koeppe: Tribes - Das Heim), E-Book (2015

Es ist das Jahr 2047. Eine Weltregierung ist an der Macht und kontrolliert die Bevölkerung. Der Teenager Sem lebt in einem Waisenheim in der Nähe von Stockholm. Die Kinder werden durch Staatslehrer und Sicherheitspersonal getrimmt, sie sollen alle an Firmen oder Einzelpersonen verkauft werden. Sem ist anders als die anderen im Heim, er merkt, dass etwas nicht stimmt. Doch im Heim ist er unbeliebt. Besonders sein Zimmergenosse Hegard macht ihm den Alltag nicht leichter und lässt ihn immer wieder spüren, wer den Ton angibt. Bis Sem plötzlich Tricy kennenlernt und sich in sie verliebt. Noch ahnt er nicht, dass der Untergrundkämpfer Johannes, der einer ehemaligen Öko-Dorf-Gegenbewegung angehört, auf dem Weg ist, ihn zu befreien. Sem soll mit Johannes‘ Stamm weiterziehen und gegen das Regime kämpfen. Wird die Befreiung gelingen, und wird Sem es über das Herz bringen, Tricy zurückzulassen? (Tribes – Das Heim, Quelle: Amazon)

Titel: Tribes – Das Heim Autor: Dirk Koeppe Verlag: CreateSpace Reihe: Tribes, #1 Seitenzahl: 268 Genre: Dystopie Alter: 16+ Erste Aufl.: 09. Juli 2017 (TB) Ausgaben: Taschenbuch, E-Book ISBN: 978-1548648381 (TB)

Über das Buch und den Autor von Tribes – Das Heim

Foto: https://www.die-ajgene-art.de

Dirk Koeppe wurde 1974 in Berlin geboren, er studierte Rechtswissenschaften und war im Bundesfinanzministerium tätig. Anschließend absolvierte er eine theologische Ausbildung und arbeitete im Pastorendienst und als freier Redner. Die Tribes-Reihe ist sein schriftstellerisches Debüt.
Mit Tribes – Das Heim veröffentlicht Dirk Koeppe den ersten Teil der Reihe. Das E-Book hat 309 Seiten und ist am 11. September 2015 beim Midnight Verlag erschienen. Später folgte die Taschenbuchausgabe bei CreateSpace.
(Bildquelle: https://www.die-ajgene-art.de)

Meine Meinung zu Tribes – Das Heim

Ich mag Dystopien, weil ich dann in eine Welt abtauchen kann, wie sie vielleicht in 20, 50, 100 Jahren sein wird. Nicht selten sind diese Welten erschreckend und ich komme selbst ins Grübeln, ob sich unsere Gesellschaft nicht schon heute auf dem Weg dorthin befindet und ob es irgendwann wirklich so sein könnte. George Orwell hat mit 1984 schon vor Jahren einen Roman geschrieben, der manche Entwicklungen vorauszusehen schien. Wie gesagt, ich mag solche Bücher und natürlich habe ich gleich zugesagt, als mir Dirk Koeppe seinen dystopischen Roman Tribes – Das Heim zur Rezension anbot. Inzwischen habe ich ihn gelesen.

Zunächst das Positive. Ich musste mich nicht hindurchquälen. Das Buch war zwar für mich kein Page Turner, den ich nicht mehr weglegen konnte, jedoch war es spannend genug, um es zügig lesen zu können. Ich wollte definitiv wissen, wie es am Ende ausgeht.
Leider bin ich ansonsten nicht sonderlich mit dem Buch warm geworden und es waren die vielen kleinen Dinge, die sich letztendlich eher negativ auf meine Bewertung auswirkten.
Zum einen fand ich, dass zu viele kurze Kapitel den Lesefluss störten. Das Buch hat 309 Seiten und 90 Kapitel, also im Schnitt etwa nach jeder dritten Seite ein neues. Die ständigen Perspektivenwechsel machten es mir schwer, mich dauerhaft auf einen der Protagonisten zu konzentrieren und mich auf ihn einzulassen. Hinzu kam, dass manche der kurzen Kapitel in meinen Augen einfach nicht viel Wesentliches zur Handlung beitrugen. Es wäre daher nach meinem Empfinden besser gewesen, hätte der Autor die einzelnen Handlungsstränge zu längeren Abschnitten zusammengefasst.

Gerade bei Dystopien und Fantasyromanen ist das Worldbuilding, also der Aufbau einer detailreichen, glaubhaften Welt und Gesellschaft von sehr großer Bedeutung. In Tribes fand ich dies zu oberflächlich. Ich hätte mir noch einige Informationen mehr gewünscht, als nur das politische System mit dem „Zwölferrat“ und dem Weltpräsidenten, das angerissen wird. Wir befinden uns in einer Zukunftswelt, aber irgendwie kommt das im Buch leider nicht sonderlich herüber. Klar, es gibt die Chips, die jeder Mensch im Körper trägt und mit deren Hilfe man alle Bürger überwachen kann, aber man erfährt leider nur wenig darüber, wie die Menschen eigentlich leben und wie sie das System empfinden, das sie in ihren Freiheiten einschränkt. Daher wirkte das alles nicht sonderlich bedrohlich auf mich. Warum hingegen die zurückgezogen lebenden Öko-Stämme eine große Bedrohung für das System sein sollen, das war mir in dem Zusammenhang ebenfalls nicht so recht klar. Nur weil sich die „Stämme“ der Überwachung durch Chips entziehen investieren Mitglieder des Zwölferrats eine Menge Geld, um sie zu jagen und zur Strecke zu bringen. Das erschien mir etwas überzogen oder zumindest gab es für mich keine wirklich glaubhaften Gründe dafür. Wären es gefährliche Terroristen, sähe es sicher anders aus. Aber das schien nicht der Fall.

Die bedrückende Atmosphäre im Kinderheim schlug bei mir ebenfalls nicht durch. Ein paar Kameras an der Decke, graue Wände und strenge Lehrer reichen vielleicht schon aus, um einen allzeit bedrohlichen Rahmen zu schaffen, aber es fehlten irgendwie die Worte des Autors, um diese Atmosphäre des Schreckens in meinem Kopf richtig entstehen zu lassen. Die jungen Heiminsassen schienen die Kameras in ihren Schlafzimmern, die Tag und Nacht auf sie herab blickten jedenfalls nur wenig zu stören.
Einzelne Heimkinder werden gelegentlich an Interessenten aus Wirtschaft und Politik verkauft. Warum und wozu? Einerseits will der Staat sie schützen, andererseits werden sie gegen Geld verschachert. Welche Zielsetzung verfolgt der Staat mit den Verkäufen? Was bezwecken die Käufer mit dem Kauf? Mir war das nicht so recht klar.
Denken und Handeln der Personen im Buch sind leider auch nicht immer ganz nachvollziehbar, das heißt sie verhalten sich nicht so, wie man es eigentlich erwartet und manchmal überzogen. Wenn eine Lehrerin zum Schüler sagt „Nicht mehr lange. Bald wird alles gut“, dann kann ich nicht verstehen, warum eine solche zunächst tröstende Aussage sie gleich zur potenziellen Verräterin am System abstempelt, die dann aufs schärfste überwacht werden muss? Was ist so schlimm daran so zu reden, wenn der Junge mit 18 Jahren sowieso entlassen wird und dann für ihn wirklich „alles gut“ wird?

Zu den Charakteren: Sem fand ich durchaus interessant. Er ist in dem System gefangen und muss im Heim so einiges erdulden. Nicht klar war mir, warum es sich nicht gegen die Schikanen der Mitschüler wehrt, indem er sich jemandem anvertraut. Zumindest wurde mir die damit verbundene Gefahr für ihn nicht allzu deutlich. In dem streng geführten Heim hätte er doch wohl Hilfe erwarten können.
Leider sind auch die Charaktere allgemein zu oberflächlich dargestellt. Man erfährt zu wenig über sie und ihre Gefühlswelt (abgesehen vielleicht über Sem und Frau Himol, eine Lehrerin). Ich hätte mir hier noch wesentlich mehr Tiefgang und Einblicke gewünscht. Auch die aufkeimende Liebe zwischen Sem und Tricy hätte gut noch ein paar mehr Seiten vertragen können. Sie war letztendlich nur ein Teilaspekt ganz am Rande der Handlung. Die fehlende Charaktertiefe machte es mir sehr schwer, mich in diese hineinzuversetzen. Ich denke, da wäre in den Folgebänden durchaus noch mehr drin.

Mein Fazit

3 von 5 Sternen "Mit Potential nach oben."
3 von 5 Sternen
„Mit Potential nach oben.“

Leider konnte mich Tribes – Das Heim nicht so ganz überzeugen. Zu viele Dinge waren zu unausgegoren und konnten mich daher nicht in die Handlung ziehen. Die grundlegenden Ideen waren jedoch durchaus gut und bieten Potenzial zur Weiterentwicklung nach oben. Meine Meinung ist natürlich subjektiv. Anderen Lesern könnte das Buch durchaus besser gefallen. Für mich war es leider eine kleine Enttäuschung. Eine Sache muss man Dirk Koeppe jedoch zugutehalten: Langweilig war’s nicht und es passierte eigentlich immer etwas. Es gibt nämlich nichts Schlimmeres, als unnötige Längen in einem Jugendbuch. Ich bin überzeugt, dass sich der Autor in den kommenden Bänden der Reihe noch steigern wird.

Jay

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