19. März 2024

Der Herr des Turmes von Anthony Ryan

Barmherzigkeit ist der süßeste Wein und der bitterste Wermut, denn sie belohnt die Barmherzigen und beschämt die Schuldigen.

Anthony Ryan: Der Herr des Turmes
Anthony Ryan: Der Herr des Turmes, Deutscher Hardcover, Hobbit Presse/Klett-Cotta (2015)

Vaelin Al Sorna hat genug vom Krieg. Im Dienst der Königslande und des Glaubens kämpfte er unzählige Gefechte und seine Belohnung war der Verlust seiner großen Liebe, der Tod seiner Freunde und der Verrat seines Königs. Nach fünf langen Jahren in alpirischen Kerkern will er nur noch eines – nach Hause zurückkehren. Die verbitterte Reva beabsichtigt Vaelin mit einem Messer zwischen den Rippen willkommen zu heißen, denn er zerstörte einst ihre Familie und ruinierte ihr Leben. Nichts kann sie von ihrer blutigen Rache abhalten, nicht einmal eine drohende Invasion durch die größte Armee, die die Königslande je gesehen haben. Doch als der Krieg das Land überzieht werden Feinde zu Freunden und Wahrheiten zu Lügen. Um die Königslande zu retten, muss Reva einen Pfad in die Zukunft beschreiten, den sie nicht gehen möchte – und Vaelin muss einer Vergangenheit ins Auge blicken, die er am liebsten hätte ruhen lassen. (Übersetzung Klappentext der englischen Ausgabe Tower Lord)

Titel: Der Herr des Turmes (Tower Lord) Autor: Anthony Ryan Verlag: Klett-Cotta (Orbit, ACE) Reihe: Rabenschatten, #2 (Raven’s Shadow, #2) Seitenzahl: 859 (624) Genre: Fantasy Alter: 16+ Erste Aufl.: 26. September 2015 (01. Juli 2014) Ausgaben: Hardcover, Taschenbuch, E-Book, Hörbuch ISBN: 978-3608960181 (Dt. HC), 978-0425265628 (ENG HC) Vorgängerband: Das Lied des Blutes (Rabenschatten, #1) Folgeband: Die Königin der Flammen (Rabenschatten, #3)

Über das Buch und den Autor von Der Herr des Turmes

Anthony Ryan wurde 1970 in Schottland geboren, lebt und arbeitet jedoch schon seit längerer Zeit in London. Er hat einen Abschluss in mittelalterlicher Geschichte. Bevor er sich, nach dem Erfolg seines ersten Buches Blood Song (Das Lied des Blutes), entschloss mit dem Schreiben von Büchern seinen Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete er als britischer Beamter. Neben Geschichte interessiert er sich zudem für Kunst und die Naturwissenschaften.
Anthony Ryans Debütroman Blood Song (Das Lied des Blutes) ist der erste Band seiner Rabenschatten-Trilogie, wurde im Juli 2013 in England beim Orbit Verlag veröffentlicht und wurde schnell zum Erfolg. Im Juli 2014 folgte schließlich die Fortsetzung unter dem Titel Tower Lord mit 610 Seiten, deren deutsche Fassung am 26. September 2015 in die Regale kam. Übersetzer waren Hannes Riffel und Birgit Pfaffinger. Der Herr des Turmes hat 859 Seiten (Hardcover) und ist in fünf größere Abschnitte mit jeweils mehreren Kapiteln unterteilt. Erschienen ist das Buch bei der Hobbit Presse/Klett-Cotta.
Der dritte Band der Reihe trägt den Titel Die Königin der Flammen (Queen of Fire) und ist bereits am 2. Juli 2015 bei Orbit erschienen. Die deutsche Übersetzung wird für Herbst 2016 erwartet.

Meine Meinung zu Der Herr des Turmes

Anthony Ryan: Der Herr d
Anthony Ryan: Tower Lord
UK-Hardcover, Orbit Verlag (2014)

Mei oh mei. Anthony Ryan hat in Der Herr des Turmes (Tower Lord) gewaltig zugeschlagen und bewiesen, dass er schreiben kann. War sein Debütroman Das Lied des Blutes (Blood Song) schon ein Page Turner, so konnte er sich im zweiten Band nochmal ein ganzes Stück steigern. Zum Glück, möchte ich sagen, denn wenn er weiterhin erfolgreich sein will, muss er sich als Autor weiterentwickeln. Im zweiten Teil seiner Rabenschatten-Trilogie ist ihm das erfolgreich geglückt, wie ich finde.
Zunächst einmal ist das Buch ganz anders strukturiert, als der erste Band, denn die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, zwischen denen der Autor immer wieder wechselt. Die Kapitel tragen als Überschrift immer den Namen der Hauptperson, was man bereits von George R. R. Martins Das Lied von Eis und Feuer her kennt. Manche Rezensenten zeigten sich enttäuscht, weil der Buchtitel Tower Lord zwar auf Vaelins Stellung anspielt, dieser jedoch nur noch in etwa jedem vierten Kapitel zum Zuge kommt. Ich muss aber sagen, dass mir dieses Konzept wesentlich besser gefallen hat, als der ausschließliche Blick auf Vaelin im ersten Band. Der Perspektivenwechsel bringt eindeutig mehr Abwechslung in die Geschichte und man sieht die Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Wer nur Vaelin erwartet, wird womöglich enttäuscht sein, doch die starken Frauen Lyria und Reva, sowie die Ereignisse um Bruder Frentis werden sicherlich dafür entschädigen. Dies sind nämlich die anderen Protagonisten, die durch die neue Struktur in meinen Augen wesentlich mehr charakterliche Tiefe bekommen. Bedingt durch die Personenwechsel ist das Buch wieder vollgepackt mit Ereignissen. Manche Handlungsabschnitte hätte man jedoch auch guten Gewissens kürzen können, da sie recht breit beschrieben sind, jedoch im Ergebnis nicht allzu viel zur Geschichte beitragen. Anthony Ryan hat sehr viele gute Idee und er zeigt das auch in einer vielschichtigen Handlung. Das bringt mit sich, dass eine ganze Reihe neuer Nebencharaktere eingeführt werden und auch die alten Bekannten aus dem ersten Band sind immer wieder mit dabei. Im Verlauf der Handlung zeigt sich dafür auch die Notwendigkeit, denn dieser Teil kam mir wesentlich kampflastiger vor und dabei sterben auch nicht gerade wenige bekannte Gesichter, was natürlich die Spannung hochhält und für kurze Schockmomente beim Leser sorgen. Ein Abschnitt erinnerte mich sogar ein wenig an George R. R. Martins „Rote Hochzeit“, so überraschend kam die Wendung der Ereignisse. So mancher bekannte Charakter wird also zu seinen/ihren Ahnen geschickt, denn in den Kämpfen geht’s heftig zu. Da werden mit einigem Kraftaufwand recht oft Gliedmaßen und Köpfe von den Gegnern getrennt, die zu Hunderten (später Tausenden) ihr Leben aushauchen. Ich finde jedoch, dass trotzdem die Kriegsatmosphäre manchmal etwas seicht war. Das heißt es sterben zwar viele, aber irgendwie kommt die bedrohliche Lage, das große Leid und die Entbehrungen der Menschen nicht so richtig rüber und alles wirkt etwas oberflächlich abgehandelt. Hier wurde leider noch viel Potenzial verschenkt die Spannung noch mehr aufzubauen. Ein Beispiel:

Spoiler
Eine riesige Armee belagert die Stadt Alltor. Hinter den Mauern haben tausende Zuflucht gefunden und die Lebensmittel sind rationiert. Dennoch wird die heikle Lage nie so richtig zum Problem. Zwar wird erwähnt, dass sie Rationen klein sind, aber keinen stört das so richtig. Auch scheinen nahezu unbegrenzt Pfeile vorhanden zu sein, die man von den Mauern auf die Belagerer schießen kann…

Auch in anderen Bereichen zeigte sich diese Oberflächlichkeit ein wenig. Viel Inhalt, der manchmal etwas schnell abgehandelt wird. Andere Autoren hätten aus dem einen Buch wahrscheinlich gleich zwei gemacht und an einigen Stellen etwas mehr Wert auf Details gelegt. Andererseits wirkt der Schreibstil in Der Herr des Turmes sehr flüssig und die Geschichte schreitet dadurch meist zügig voran. Als Leser stolpert man quasi von einem Ereignis in das nächste und es gehört wahrscheinlich zu den größten Schwierigkeiten für einen Autor hierfür ein geeignetes Mittelmaß zu finden.
Ich werde Die Königin der Flammen (Queen of Fire) auf Englisch lesen und bin gespannt, ob Anthony Ryan die Messlatte abermals anheben kann. Ich hoffe es sehr und freue mich auf das große Finale.

Mein Fazit

4,5 von 5 Sternen "Eine Steigerung zum ersten Band mit kleinen Schwächen."
4,5 von 5 Sternen
„Eine Steigerung zum ersten Band mit kleinen Schwächen.“

Insgesamt hat mir der zweite Band der Reihe ein wenig besser gefallen, als der erste. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Perspektivenwechseln, die außer Vaelin auch andere Charaktere zum Zug kommen lassen. Der Schreibstil ist sehr flüssig und fesselnd, allerdings hätte ich mir an einigen Stellen einen stärkeren Fokus auf die Probleme der Menschen gewünscht statt nur eine recht oberflächliche Betrachtung, denn auf problematische Situationen, die für mehr Spannung in der Handlung hätten sorgen können, wurden leider nicht immer eingegangen, was schade ist. Da wäre wesentlich mehr „Zug“ drin gewesen. Hoffen wir auf das Beste im letzten Band. Von mir gibt’s dennoch eine Leseempfehlung.

Jay

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